Heute habe ich Spätdienst. Ich bin Diplom- Sportlehrer und arbeite vor allem in der Prävention und Gesundheitsvorsorge. Gegen halb drei übernehme ich den Dienst in der Therapieabteilung eines Fitness-Studios. Da betreue ich die medizinische Kräftigungstherapie vor allem für Rücken-Patienten. Anfang der Woche war ich mit dem „Back-Check“ bei einem Unternehmen in Berlin, um die Mitarbeiter zu untersuchen. Das ist ein Gerät, mit dem man die Stärke der Rücken- und Bauchmuskulatur messen kann. Bei den meisten Leuten mit einer sitzenden Tätigkeit ist die zu schwach oder ungleich ausgebildet. Ich gebe ihnen Hinweise, wie sie die Kraft durch gezielte Übungen verbessern können.
Ab dem 1. Dezember wird dieser Alltag wieder durch ein ganz anderes Leben ersetzt. Ich fliege noch mal für vier Wochen nach Sri Lanka, wir wollen besprechen, wie es dort mit dem Aufbau weitergehen soll.
2003 arbeitete ich ein halbes Jahr ehrenamtlich auf der Insel, da habe ich die Familie Kumaresiri kennengelernt. Damals hatten sie ein kleines Gäste-Haus am Strand von Unawatuna, das ist eine bei Touristen sehr beliebte Badebucht. Und dann kam der 26. Dezember 2004, ich war zu Hause, hatte frei und sah die Tsunami-Bilder im Fernsehen. Immer wieder habe ich versucht Kumudu und Nimal zu erreichen, ich hatte ehrlich gesagt nicht viel Hoffnung, ihr Haus stand direkt am Strand. Dann, nach drei Wochen, riefen sie an. Sie waren mit ihren beiden Kinder in letzter Minute vor der Welle davongerannt. Im März bin ich dann hingeflogen, um mir einen Eindruck zu verschaffen und hab schon die ersten Spenden mitgenommen. Davon haben wir erst mal Matratzen und Töpfe gekauft. Sie hatten nichts mehr und waren bei Verwandten im Landesinneren untergekommen. Zurück nach Unawatuna konnten sie nicht. Ihr gepachtetes Grundstück war inzwischen teuer verkauft.
Zurück in Köln, habe ich dann Verwandte und Freunde angemailt und um weitere Spenden gebeten. Um eine neue Existenz zu gründen, brauchten die Kumaresiris ein Stück Land, es sind 5000 Euro zusammengekommen. Das reichte, aber Kumudu und Nimal hatten noch nie so viel Geld gehabt und ziemliche Scheu, es auszugeben. Im Herbst bin ich dann noch mal für ein halbes Jahr zu ihnen geflogen. Als Freiberufler konnte ich das einrichten, und meine Wohnung in Köln habe ich in der Zeit untervermietet.
Auf Sri Lanka haben wir dann erst mal das kleine Haus, das auf dem neuen Grundstück steht, bewohnbar gemacht, einen Zaun gegen die Wasserbüffel gebaut, eine Wasserleitung gelegt. Am Anfang schliefen wir alle auf dem Boden und mussten zum Waschen an den Brunnen - und dann kam auch noch die Regenzeit. Trotzdem war dieses Zusammenleben für mich eine wunderbare Erfahrung. Ich konnte helfen, eine neue Existenz zu gründen. Die Familie lebt jetzt in einem Dorf im Landesinneren, da war ich schon der Exot. Alle kamen mal vorbei, um zu sehen, ob der „reiche Weiße“ tatsächlich mit anpackt. Zum Schluss haben wir dann noch ein Baumhaus gebaut, eine ganz einfache Unterkunft für Rucksacktouristen, da werde ich jetzt im Dezember auch wohnen. Zwei weitere Zimmer für Touristen will die Familie noch bauen.
Sie haben mich auch schon gefragt, ob ich nicht ganz nach Sri Lanka ziehen will. Aber es ist schwierig, dort sein Geld zu verdienen.
