Tsunami - Geisterdörfer an der Ostküste

C

Claudia

Guest
Tsunami - Geisterdörfer an der Ostküste

Auf unserer Fahrt von Nilaveli in Richtung Kokkilai Lagoon sind uns neben
der Strasse die vielen leeren, eigentlich netten Häusser aufgefallen.
Ein weiteres leeres Dorf fanden wir hinter Trincomalee in Richtung Nilaveli.
Gebaut von den verschiedensten europäischen Hilfsorganisationen sind
hunderte kleine Häusser bis heute, vier Jahre nach dem Tsunami
unbewohnt und dem Verfall preis gegeben.
Manchmal hat man auch den Eindruck, dass sich so manch einer an dem
Inventar selbst bedient hat.

- Da stellt ich mir schon die Frage, ob hier über das Ziel hinaus geschossen wurde?
- Wo sind die ganzen Leute die hier wohnen sollten?
- Hat man nicht vorher abgeklärt wie viel Wohnraum überhaupt benötigt wird?
- Wurden hier Spendengelder verschwendet, die man besser hätte einsetzen können?
- Fragen über Fragen ...

Ich habe auf jeden Fall keine Erklärung für diese Geisterdörfer gefunden!

picture.php


picture.php


picture.php


picture.php
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
man sollte bei caritas eine anfrage stellen, wäre auf die antwort gespannt.
vieleicht hat jemand kontakt zu caritas.
 
Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen. Aber ich bin mir sicher, dass sie darauf antworten werden, wenn man sie danach fragt.

Da ich selbst in der Tsunami Hilfe für eine Organisation gearbeitet habe, vorallem auch an der Ostküste sind mir viele Probleme betreffend dem Hausbau und Ansiederlung bekannt. So kann ich euch ein paar mögliche Gründe für diese "Geisterdörfer" nennen.

- Da stellt ich mir schon die Frage, ob hier über das Ziel hinaus geschossen wurde? - Hat man nicht vorher abgeklärt wie viel Wohnraum überhaupt benötigt wird?
Das kann man so nicht sagen. Es gibt vorallem an der Ostküste noch viele Leute die in Flüchtlingslagern leben und kein Haus haben.

- Wo sind die ganzen Leute die hier wohnen sollten?
Das Problem ist oft das die Häuser im Wiederaufbau aufgrund von Platzmangel an der Küste und der Gesetzgeben der Regierung die es zumindest NGO´s verbietet Häuser in der "Bufferzone" also 100m vom Strand zu bauen, ins Hinterland verlegt werden mussten. Also dort wo die meisten Menschen vor dem Tsunami gelebt haben, am Meer durfte man nicht bauen. (Wie ihr wohl bemerkt habt hat sich kaum einer daran gehalten. Aber das war nach dem Tsunami noch nicht so klar. Und das meiste wurde von Privatleuten gebaut. Als NGO konnte man da richtige Probleme bekommen.)
Das Problem ist aber nun das diese Leute oft Fischer oder sontigen Tätigkeiten nachgingen die sie auf dem grünen Reisfeld im Hinterland nicht nachkommen können. Noch dazu sind die Leute verunsichert. Sie wollen ihre soziale Umgebung nicht verlassen. Viele der Gemeinden die neu besiedelt wurden verfügen über keinerlei soziale Sturkturen. Noch dazu wurden Organisationen angehalten, die Häuser gemäß dem Bevölkerungsverteilung in der Region ganz political correct zu verteilen dh. Häuser sollten an Moslems, Sinhalesen und Tamilen abgegeben werden, doch lehnen es diese Leute oft ab zusammen in einer Siedlung zu leben.

- Wurden hier Spendengelder verschwendet, die man besser hätte einsetzen können?
Schlußendlich wird Euch das nur Caritas selbst beantworten können. Nur sollten wir vorsichtig sein, nur weil etwas nicht so läuft wie wir uns das in unserem Klichee vorstellen gleich den Geist des Spendenbetrugs heraufzubeschwören. Ausserdem sind "erst" gut 3 Jahre nach dem Tsunami vergangen. Zusammen mit der politischen Situation, der Situation der Helfer die oft auch vom Tod bedroht sind, sollten wir uns in unseren Spekulationen schon zurücknehmen.

Die meisten Häuser sehen in der Tat sehr hübsch aus. Natürlich gibt es auch negative Beispiele, aber dafür müsst ihr nicht bis an die Ostküste fahren. Verfallene Tsunami-Siedlungen sind keine seltenheit auch im Süden. Da könnt ihr vlt verstehen wie amüsiert ich bin wenn immernoch Leute in Foren um Spendengelder für den Hausbau eines Tsunamihauses bitten.

Gruß Che
 
Frage Claudia:

-Da stellt ich mir schon die Frage, ob hier über das Ziel hinaus geschossen wurde? - Hat man nicht vorher abgeklärt wie viel Wohnraum überhaupt benötigt wird?

Antwort CHE:

Das kann man so nicht sagen. Es gibt vorallem an der Ostküste noch viele Leute die in Flüchtlingslagern leben und kein Haus haben.


Eines sollte uns doch immer noch bewusst sein. Es gibt sehr viele Organisationen, die im Land Sri Lanka tätig waren und noch sind. Jeder hat sein eigenes Süppchen gekocht und trotz ADH (Aktion Deutschland hilft) , welche die Hilfe koordinieren sollte, wurde keine Zusammenarbeit erzielt. So ist es auch dazu gekommen, dass einige Siedlungen wortwörtlich in den Sand gesetzt wurden. Es gab zum Teil nicht den Bedarf an Häusern, der nun gedeckt werden muss.
Ein Beispiel ist ja bekanntlich auch die Arugam Bay, die endlos Boote für die Fischer bekam, welche dann einen florierenden Handel damit betrieben haben.

Frage Claudia:

- Wo sind die ganzen Leute die hier wohnen sollten?

Antwort CHE:

Das Problem ist oft das die Häuser im Wiederaufbau aufgrund von Platzmangel an der Küste und der Gesetzgeben der Regierung die es zumindest NGO´s verbietet Häuser in der "Bufferzone" also 100m vom Strand zu bauen, ins Hinterland verlegt werden mussten. Also dort wo die meisten Menschen vor dem Tsunami gelebt haben, am Meer durfte man nicht bauen. (Wie ihr wohl bemerkt habt hat sich kaum einer daran gehalten. Aber das war nach dem Tsunami noch nicht so klar. Und das meiste wurde von Privatleuten gebaut. Als NGO konnte man da richtige Probleme bekommen.)

Platzmangel an der Ostküste ? :roll:

Das Thema Bufferzone ist richtig. Allerdings spielt auch etwas anderes eine Rolle. Durch den Bürgerkrieg sind sehr viele Menschen aus ihrer Heimat vertrieben worden und es besteht derzeit für viele nicht die Möglichkeit , wieder in ihre Heimatorte zu reisen. Auch wird von den Behörden im Land eingeteilt, wer wo wohnen darf.

Das Problem ist aber nun das diese Leute oft Fischer oder sontigen Tätigkeiten nachgingen die sie auf dem grünen Reisfeld im Hinterland nicht nachkommen können

Da wir ja Bilder von Caritas sehen, gehe ich davon aus - zumindest sollten wir davon ausgehen können -, es sich um eine erfahrene Hilfsorganisation handelt. Oder etwa doch nicht ? Somit könnte man erwarten, dass vorab solche Probleme bekannt sein sollten. Entsprechende Umschulungen z.B. zum Reisbauern wurden meines Wissens nach nicht angeboten und auch fehlen entsprechende Grundstücke für die eigentliche Ausübung landwirtschaftlicher Berufe.
Im übrigen wird tagtäglich immer noch Fisch von der Ost- an die Westküste gekarrt, um dem Bedarf an Fisch dort entsprechen zu können.

Claudia fragte:

Code:
- Wurden hier Spendengelder verschwendet, die man besser hätte einsetzen können?

Antwort CHE:

Schlußendlich wird Euch das nur Caritas selbst beantworten können.

Richtig, aber auf den Bildern ist ersichtlich, dass es um Caritas Luxemborg geht und Caritas Deutschland wird dazu kaum eine Einschätzung abgeben. Ebenso ist Caritas Luxembourg nicht verpflichtet, uns als Deutschen Auskünfte zu erteilen.

Nur sollten wir vorsichtig sein, nur weil etwas nicht so läuft wie wir uns das in unserem Klichee vorstellen gleich den Geist des Spendenbetrugs heraufzubeschwören.

Von Spendenbetrug redet doch niemand . :wink:

Es geht doch eher um den Einsatz der Spendengelder und deren effektiven Nutzen. Und den sehe ich im obrigen Objekt nicht wirklich.

So wie es die Bilder oben in Claudias Beitrag zeigen, wachsen die Häuser inzwischen so langsam ein. Es ist schade, denn in weiteren 1 - 2 Jahren sind diese Häuser wohl nicht mehr bewohnbar oder nur mit neuen Geldern sanierbar.

Nun aber eine andere Frage von mir ?

Warum lässt man in diese Häuser nicht die Flüchtlinge des Bürgerkrieges wohnen ?
In zahlreichen Flüchtlingslagern im Osten und Norden wohnen Menschen in Lagern zusammen gefercht und unter menschenunwürdigen Bedingungen............

Übrigens befindet sich unweit der oben leer stehen Häuser ein Flüchtlingscamp mit Tamilen , die diese Häuser sicher nutzen würden.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Bitte entschuldigt, dass ich diesen alten Thread wieder aus der Versenkung hole, aber ich hatte mich mit Claudia und ihrem Mann über diese Thematik unterhalten.

Bei der Suche nach den Gründen, warum die neu errichteten Häuser nicht bezogen wurden, bin ich auf folgenden Artikel gestoßen:
http://www.der-ueberblick.de/ueberb...cle/ueberblick738f.html?entry=page.200503.080

Darin wird der Regireung vorgeworfen, dass die Wiederaufbaupläne unter anderem auch der Entwicklung des Tourismus dienen sollten. Daher sollten die Fischer umgesiedelt werden.

Eine Woche nach dem Tsunami beschloss die Regierung, dass die Fischerdörfer im Süden der Insel hundert Meter und im Osten zweihundert Meter von der Küste zurückverlegt werden müssen. Der Sinn dieser sogenannten Pufferzone ist eindeutig nicht, die Fischer zu schützen, sondern den Tourismus auszuweiten. Vorgesehen sind 15 Tourismus-Zonen an der Küste, aus denen die Fischer verdrängt werden sollen.


Inwieweit diese Informationen verlässlich sind, weiß ich nicht. Aber es wäre doch wirklich interessant zu gucken, wie es in der Region nun aussieht - sowohl in dem besagten "Geiserdörfern" als auch an der Küste selbst.

Vorgestern habe ich ein Tsunami-Dorf an der Südküste zwischen Galle und Hikkaduwa besucht. Hier hat die Regierung ein ganzes Dorf hochgezogen, das ca. 500 Meter von der Küste entfernt ist. Die Häuser sind alle bewohnt.
Allerdings genießt das Dorf einen ziemlich schlechten Ruf. Dort würden ungebildete Leute leben und mit Drogen handeln. Selbst wenn die Tsunami-Dörfer besiedelt werden, sind damit die Probleme noch lange nicht gelöst.
 
Das mit dem "Umsiedeln der Fischerdörfer zwecks Tourismus" hab ich schon öfter auf Sri Lanka gehört.

lg,
Joe
 
Ein sehr interessanter Artikel. Danke, Bettina!

Die Gegend um Trinco steht im nächsten Urlaub auf unserer Liste ganz oben.
Dann werde ich mir diese Dörfer auf jeden Fall noch einmal ansehen.
 
Ich komme gerade aus der Gegend oberhalb von Trinco. Auch dort stehen anscheinend ganze neue Dörfer leer oder sind zumindest nur teilweise bewohnt. Die ungenutzten Häuser zerfallen, die Scheiben sind zerstört und die Häuser bleiben abends dunkel. Orte ohne gewachsene Infrastruktur wie soll das hier funktionieren?

Ich habe aber auch positive, funktionierende Strukturen gesehen.

Gruß, Peter
 
Hallo Joe,

Über 50 solcher Häuser wurden von Holländern bei Pottuvil als Tsunami-Hilfe errichtet:

Wir waren 2006 gerade in der Abay, als die SHF noch mittendrin war, die Häuser zu bauen. Es wurde sogar ein Gemeindehaus in der gleichen Bauweise errichtet.

die Begeisterung der Bevölkerung über diese ungewöhnliche Häuserform hielt sich in Grenzen...

Stand damals war, dass die SHF noch viel mehr Häuser hätte hinstellen können, da die Nachfrage aus der Bevölkerung sehr gross war. Die Häuser wurden übrigens durchdacht so rundlich gebaut, bei einem nächsten Tsunami würden die Wellen drumherum gehen... Wurde uns so erzählt.
Schade nun zu lesen, dass diese Häuser teilweise auch ungenutzt sind.
 
Mir hat ein TukTuk-Fahrer erzählt, dass sich in den Häusern die Luft staut und es dadurch drinnen stickig und heiß wird.
Keine Ahnung, ob das auch der wirkliche Grund ist, warum dort jetzt nicht so viele Personen leben, wie geplant.

lg,
Joe
 
Oben