Das spannendste an einem Besuch des 40 km nördlich von Negombo gelegenen Chilaw ist für viele Reisende die Fahrt entlang der – dank unendlicher Palmenhaine und einiger Seen am Wegesrand – durchaus malerischen und wenig befahrenen Küstenstraße. Der staubige und recht lebendige Fischerort Chilaw selbst mit seinen 24.000 Einwohnern hat für Touristen wenig zu bieten und so hat man hier auch eigentlich nichts verloren – doch gerade das ist für einige Reisende mit Entdeckergeist so reizvoll. Die noch unberührten Strände der Umgebung laden zu langen Spaiergängen ein, Strandverkäufer oder gar „BeachBoys“ sind hier noch völlig unbekannt.
Der Name Chilaw geht zurück auf den tamilischen Begriff „Chilapam“ (tauchen) und bezieht sich auf die hier seit meheren Jahrhunderten praktizierte Tradition der Perlenfischerei in den flachen Küstengewässern. Die Portugiesen und Holländer leiteten daraus dann „Chilao“ ab. So ist der Ort auch auf antiken Karten der Insel häufig zu finden.
Vom Erfolg der portugiesischen Missionsarbeit zeugen heute die zahlreichen Kirchen. Wie an der gesamten Westküste zwischen Negombo und Puttalam überwiegt der katholische Glaube in der Bevölkerung. Die Missionare hatten hier ein recht leichtes Spiel: Die Karava-Kaste der Fischer genoss unter den der Goyigama-Kaste zugehörigen Bauern kein sehr hohes Ansehen. Was lag da näher als sich zumindest durch die Konvertierung zum Christentum bei den Kolonialherren Anerkennung zu verschaffen? Chilaw ist heute römisch-katholischer Bischofssitz und für Freunde von Besichtigungen christlicher Gotteshäuser ein wahres Paradies.
Einen Besuch lohnt der morgens stattfindende quirlige Fischmarkt auf der Landzunge an der Lagune.

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Eine gute Aussicht auf das bunte Treiben genießt man von der Brücke, die den Ortskern über die Lagune mit der Landzunge im Westen verbindet. Einige Fischer bieten auch Bootsfahrten auf der Lagune an.
Nördlich von Chilaw und der Lagune mündet der Deduru Oya in den indischen Ozean, mit einer Länge von 142 km Sri Lankas sechstlängster Fluss. Der „Dutch Canal“ trifft hier auf die auch als „Chilaw See“ bekannte Lagune.

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St. Mary’s Cathedral (s.u.)

Der eigentliche Grund nach Chilaw zu kommen ist aber der hinduistische Sri Munneswaram Kovil 2 km östlich des Stadtzentrums, eine zu den fünf wichtigsten Shiva-Heiligtümern der Region gezählten Tempelanlagen. An diesem Ort soll Gott Rama nach der Befreiung seiner geliebten Gemahlin Sita und vor seiner Heimreise nach Indien ein Opfer für die Tötung Ravanas gebracht haben. Die Gründungsgeschichte des auch von singhalesischen Buddhisten geehrten Tempels ist allerdings umstritten. Die Buddhisten glauben an die Heilung eines singhalesischen Königs, der aus Dankbarkeit dafür an dieser Stelle den Grundstein legte. Für die Tamilen der Region ist es ein König der Chola-Dynastie (9.–13. Jh.) aus Indien, der an diesem heiligen Ort durch ein Bad von einer Krankheit geheilt wurde und den Bau des Tempels befahl.

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Zu einem beachtlichen Reichtum kam der Sri Munneswaram Kovil durch einen der letzten bedeutenden singhalesischen Könige: Parakrama Bahu VI (reg. 1408-1467) von Kotte beschenkte den Tempel großzügig. Der Buddhismus in Sri Lanka war im späten Mittelalter eng mit dem Hinduismus verschmolzen. Die Hochzeit des Munneswaram Kovil endete nur ein gutes Jahrhundert später. 1578 wurde er von den Portugiesen vollständig zerstört und erst unter Kandy-König Kirti Sri Rajasinha (reg. 1747–1780) im drawidischen Stil Südindiens wieder neu errichtet. Wer das Sanktuarium besuchen möchte, sollte das zu den Zeiten der täglich mehrmals stattfindenden Pujas um 5.30, 7.30, 12, 17, und ab 19 Uhr tun.

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Zum alljährlichen Munneswaram Festival im August oder September strömen zehntausende Gläubige nach Chilaw. Das vier Wochen andauernde Fest wird von Hinduisten, Buddhisten, Christen und Muslimen gemeinsam begangen. Einer der Höhepunkte der Festivitäten ist die Prozession am letzten Tag, bei der Götterfiguren zum Deduru Oya gebracht und symbolisch in das Wasser getaucht werden. Das geheiligte Wasser ist im Anschluss dieser Zeremonie Ort für ein rituelles Bad.
Gleich hinter dem Munneswaram Kovil lohnt noch ein Blick auf ein eigenwilliges buddhistisches Heiligtum: Der Pusparamaya Tempel zeigt den meditierenden Buddha mit einer ihn vor Regen und Sonneneinstrahlungvon oben beschützenden Kobra. Im Inneren sind einige wunderschöne Fresken zubestaunen.
Das alles dominierende Bauwerk in Chilaw ist die wuchtige St. Mary’s Cathedral auf der östlichen Seite der Lagune gegenüber des Fischmarkts. Die Kathedrale wurde nach neunjähriger Bauzeit 1860 fertiggestellt. Wer hier einer katholischen Messe beiwohnen möchte kann das Gotteshaus Mo–Sa um 6.15 Uhr und sonntags um 5.00, 7.30 und 17.30 Uhr aufsuchen. Weitere Informationen über die auch als Lady of Mount Carmel Cathedral bekannte Kirche unter http://chilawcathedral.com.
Ein weiterer interessanter Hindutempel befindet sich ca. 30 km nördlich von Chilaw in Richtung Puttalam beim kleinen ca. 15.000 Einwohner zählenden tamilischen Fischerort Udappu oder Udappuwa. Eine staubige und sandige Piste führt von der Hauptstraße Colombo – Puttalam zum an der Küste gelegenen Heiligtum.

Anreise
Taxis
ab Colombo kosten für die einfache Strecke ab ca. 4000–4500 Rs.
Züge ab der Fort Station kosten in der 2./3. Kl. 170/95 Rs. und benötigen 2½–3 Stunden. Es gibt täglich zahlreiche Abfahrten zwischen 4 und18 Uhr.
Bus Nr. 907 fährt von Negombo in kurzen Abständen nach Chilaw.
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