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Wieder zurück / Back again
Von: Sebastian Pleuse · 26.12.2005 um 15:56:47 Uhr
English text below!
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Nach fast einem halben Jahr in Deutschland bin ich jetzt wieder in Sri Lanka und erschlagen von den Eindrücken. Vieles hat sich geändert, zum Guten wie zum Schlechten. Es war ein seltsames Gefühl und auch irgendwie schwierig, wieder hier anzukommen. Zuerst dachte ich „Wow, Du hast Dein Zuhause verlassen, um nach Hause zu kommen!“ – aber ganz so einfach war’s dann doch nicht. Ich fühlte mich ein bisschen wie hinter Glas, nicht Fisch und nicht Fleisch. So viele neue Gesichter. Aber allmählich wird es besser.
Die meisten Helfer der ersten Stunde sind derzeit wieder hier. Irgendwie war es uns allen ein Bedürfnis, den Jahrestag des Tsunami mit den Einheimischen zu begehen. Es war wunderschön, Bruce, Donny, Wal, Greg, James und all die anderen wieder in den Arm zu nehmen!
In Peraliya und Dodanduwa hat sich sehr viel getan. Wo vor einem Jahr absolut Leere war, stehen jetzt viele neue Häuser. Unser ehemaliges „Krankenhaus“ ist als voll renoviertes Schulgebäude wieder in Betrieb. Dr. Thomas Stein treibt unaufhörlich den Aufbau des Gemeinde- und Gesundheitszentrums voran. Kleine Läden wurden eröffnet. Es ist eine Freude.
Auch die kleine Schule in Boossa, die ich mit auf die Beine stellen durfte, hat sich weiter entwickelt. Nächste Woche wird ein neues Gebäude eingeweiht, so dass wir fortan 100 Vorschulkinder aufnehmen können – bisher waren es 40. Für die anfallenden Arbeiten werden übrigens noch Freiwillige gesucht – es gilt zu renovieren und den Spielplatz zu erweitern. Kommt her und packt mit an!
Tja, nachdem ich die ersten Tage damit verbracht habe, Schuleröffnungen zu besuchen, mich mit anderen Helfern über Geschehenes und Geplantes zu unterhalten, meine alten Projekte anzusehen und Familien zu besuchen, denen ich von den Spendengeldern eine kleine Starthilfe auf den Weg gegeben hatte, war heute nun der Jahrestag. Er war für viele von uns ein Grund, auch ein bisschen stolz zu sein, denn es ist etwas Unerwartetes passiert: Peraliya, der Ort in dem für viele von uns die Arbeit begann, der so völlig zerstört war und wo so viele Menschen in dem überfluteten Zug ihr Leben gelassen haben, das kleine Peraliya, für das sich anfangs kaum jemand interessiert hat, ist tatsächlich der Veranstaltungsort für Sri Lankas offizielle Gedenkzeremonie gewesen, samt Präsident und allen Oberen. Wenn das einer vor einem Jahr erzählt hätte, als Alison, Bruce, Donny und Oscar dort knietief in der Scheiße standen und aus einem Van heraus die Verletzten versorgten – niemand hätte ihm geglaubt. Aber so konnte sich ein Kristallisationspunkt bilden, konnte etwas wachsen, wurde Kontakt zu immer mehr Organisationen hergestellt, und dem Dorf wurde geholfen. Einen SPIEGEL-Artikel zum Thema gibt's hier.
Ich bin nicht zu der offiziellen Zeremonie gegangen. Irgendwie hat es sich bei aller Freude nicht richtig angefühlt, sich in dieses politische Prozedere einzureihen, wo plötzlich die UN und die großen NGOs mit ihren dicken schönen Autos vorgefahren sind. Ist nicht so meine Welt. Stattdessen habe ich mich einem alten Ritual angeschlossen und bin mit anderen Surfern aufs Meer rausgepaddelt. Es war ein wunderschöner Morgen, die See war ruhig, es war Weihnachten – genau wie vor einem Jahr… Wir waren fast 100 Menschen, und zur Zeit der Welle haben wir einen Kreis gebildet, Blumen niedergelegt, uns an den Händen genommen und ein paar Minuten geschwiegen. Ich konnte die Tränen nicht zurück halten.
Anschließend bin ich dann nach Peraliya gefahren, wo ich bei unserem Freund Kumara zu einem Alms-giving eingeladen war. Das ist eine buddhistische Zeremonie, bei der der Toten gedacht wird. Viele Mönche sind anwesend und es wird gemeinsam gebetet und dann gegessen. Kumara hat bei dem Tsunami seine Frau und seine Kinder verloren. Er hat immer so etwas Verlassenes an sich, auch in Gesellschaft. Es tut auch ein Jahr später noch sehr, sehr weh.
Bis bald,
Sebastian
http://www.blogall.de/sri_lanka_hilfe/index.php?id=19174&file=index.php&gruppe=3339
Von: Sebastian Pleuse · 26.12.2005 um 15:56:47 Uhr
English text below!
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Nach fast einem halben Jahr in Deutschland bin ich jetzt wieder in Sri Lanka und erschlagen von den Eindrücken. Vieles hat sich geändert, zum Guten wie zum Schlechten. Es war ein seltsames Gefühl und auch irgendwie schwierig, wieder hier anzukommen. Zuerst dachte ich „Wow, Du hast Dein Zuhause verlassen, um nach Hause zu kommen!“ – aber ganz so einfach war’s dann doch nicht. Ich fühlte mich ein bisschen wie hinter Glas, nicht Fisch und nicht Fleisch. So viele neue Gesichter. Aber allmählich wird es besser.
Die meisten Helfer der ersten Stunde sind derzeit wieder hier. Irgendwie war es uns allen ein Bedürfnis, den Jahrestag des Tsunami mit den Einheimischen zu begehen. Es war wunderschön, Bruce, Donny, Wal, Greg, James und all die anderen wieder in den Arm zu nehmen!
In Peraliya und Dodanduwa hat sich sehr viel getan. Wo vor einem Jahr absolut Leere war, stehen jetzt viele neue Häuser. Unser ehemaliges „Krankenhaus“ ist als voll renoviertes Schulgebäude wieder in Betrieb. Dr. Thomas Stein treibt unaufhörlich den Aufbau des Gemeinde- und Gesundheitszentrums voran. Kleine Läden wurden eröffnet. Es ist eine Freude.
Auch die kleine Schule in Boossa, die ich mit auf die Beine stellen durfte, hat sich weiter entwickelt. Nächste Woche wird ein neues Gebäude eingeweiht, so dass wir fortan 100 Vorschulkinder aufnehmen können – bisher waren es 40. Für die anfallenden Arbeiten werden übrigens noch Freiwillige gesucht – es gilt zu renovieren und den Spielplatz zu erweitern. Kommt her und packt mit an!
Tja, nachdem ich die ersten Tage damit verbracht habe, Schuleröffnungen zu besuchen, mich mit anderen Helfern über Geschehenes und Geplantes zu unterhalten, meine alten Projekte anzusehen und Familien zu besuchen, denen ich von den Spendengeldern eine kleine Starthilfe auf den Weg gegeben hatte, war heute nun der Jahrestag. Er war für viele von uns ein Grund, auch ein bisschen stolz zu sein, denn es ist etwas Unerwartetes passiert: Peraliya, der Ort in dem für viele von uns die Arbeit begann, der so völlig zerstört war und wo so viele Menschen in dem überfluteten Zug ihr Leben gelassen haben, das kleine Peraliya, für das sich anfangs kaum jemand interessiert hat, ist tatsächlich der Veranstaltungsort für Sri Lankas offizielle Gedenkzeremonie gewesen, samt Präsident und allen Oberen. Wenn das einer vor einem Jahr erzählt hätte, als Alison, Bruce, Donny und Oscar dort knietief in der Scheiße standen und aus einem Van heraus die Verletzten versorgten – niemand hätte ihm geglaubt. Aber so konnte sich ein Kristallisationspunkt bilden, konnte etwas wachsen, wurde Kontakt zu immer mehr Organisationen hergestellt, und dem Dorf wurde geholfen. Einen SPIEGEL-Artikel zum Thema gibt's hier.
Ich bin nicht zu der offiziellen Zeremonie gegangen. Irgendwie hat es sich bei aller Freude nicht richtig angefühlt, sich in dieses politische Prozedere einzureihen, wo plötzlich die UN und die großen NGOs mit ihren dicken schönen Autos vorgefahren sind. Ist nicht so meine Welt. Stattdessen habe ich mich einem alten Ritual angeschlossen und bin mit anderen Surfern aufs Meer rausgepaddelt. Es war ein wunderschöner Morgen, die See war ruhig, es war Weihnachten – genau wie vor einem Jahr… Wir waren fast 100 Menschen, und zur Zeit der Welle haben wir einen Kreis gebildet, Blumen niedergelegt, uns an den Händen genommen und ein paar Minuten geschwiegen. Ich konnte die Tränen nicht zurück halten.
Anschließend bin ich dann nach Peraliya gefahren, wo ich bei unserem Freund Kumara zu einem Alms-giving eingeladen war. Das ist eine buddhistische Zeremonie, bei der der Toten gedacht wird. Viele Mönche sind anwesend und es wird gemeinsam gebetet und dann gegessen. Kumara hat bei dem Tsunami seine Frau und seine Kinder verloren. Er hat immer so etwas Verlassenes an sich, auch in Gesellschaft. Es tut auch ein Jahr später noch sehr, sehr weh.
Bis bald,
Sebastian
http://www.blogall.de/sri_lanka_hilfe/index.php?id=19174&file=index.php&gruppe=3339