Dilema der privaten Fahrer in Sri Lanka

Samavene

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Ajith fährt seit 23 Jahren Touren in Sri Lanka. Er hat einen Toyotobus und kennt sich super gut aus. Zu seinen Qualitäten gehören neben Ortskenntnis und umsichtiger Fahrweise, dass er sich weniger auf Komissionen einstellt, sondern sich mehr um die Bedürfnisse der Reisenden kümmert. Er kennt sehr viele Unterkünfte in jeder Preisklasse und fährt so lange, bis der Gast zufrieden ist. Der Preis ist mehr als fair, wenn man die steigenden Dieselpreise und die Kosten fürs Auto im Blick behält. Alles könnt gut sein und man sollte meinen, die Arbeit ginge ihm nicht aus. Was allerdings so nicht stimmt. Mit Ausbau der Autobahn und des verbesserten Schienennetzes bleibt immer mehr Kundschaft aus. Die Hotels haben sich einen eigenen Fuhrpark angelegt und schöpfen jeden reisewilligen Tourengänger vor der Haustür ab. Interessanterweise auch mit Warnungen wie: Vorsicht vor den Fahrern da draußen, sie haben keine Lizenz oder sind nicht versichert. Überhöhte Preise und nicht zuverlässig.......und vieles mehr. Dabei fällt auf, dass gerade in den Hotels oft ein weit überhöhter Preis für eine Tour verlangt wird und dann noch gleich ein Guide ins Fahrzeug gesetzt wird, der dann kräftig mitkassiert. Beispiele habe ich genug. In dieser Woche wollten 4 Touristen mit Ajith von Weligama nach Mirissa. Preis 700 LKR (ca. 4 €) die 4 lehnten entschieden ab, weil der Preis zu hoch (pro Person 1 €). 13 Fahrgäste wollten von Weligama nach Udawalawa: Preis 13 000 LKR ( 5,70 € p.P) für 1en Tag, dieser Preis war viel zu hoch, zumindest für den Hoteleigner, denn dieser wollte noch kräftig mitkassieren und sagte, geht garnicht, da such ich mir jemand billigeren. Gerne hätte ich gewußt, was die Gäste dieses Hotels bezahlt haben? Und dann gleich nochmal in Udawalawa, denn der Hotelbesitzer oder der Guide kassiert immer mit.
Mit zunehmenden Tourismus geht es den normalen Menschen immer schlechter. Die Gewinner sind die Hoteleigner, meist auch in ausländischer Hand, da die meisten nach dem Tsunami nicht mehr an der Küste aufbauen durften und viele verkauften. Gesetze in Sri Lanka gelten eben nicht für alle.Jetzt bauen dort andere oder haben erweitert. Und natürlich vertrauen wir eher unseren Landsleuten als den Einheimischen.
Ich beobachte seit mehreren Monate, um wieviel schlechter es unter anderem den einfachen Taxifahrern geht. Für viele gibt es nur noch die Alternative, die Insel zu verlassen. Die Hoffnung liegt nur noch, im Ausland die Familien zu ernähren. Dabei spielt Italien oder Australien eine große Rolle. Warnungen über Gefahren werden da beiseite geschoben, denn alles ist besser als die Perspektivenlosigkeit im eigenen Land. Ich war nun 18 mal in Sri Lanka, auch vor und unmittelbar nach dem Tsunami, aber was heute in Sri Lanka politisch und wirtschaftlich passiert, ist für mich kaum noch zu ertragen. Während auf der einen Seite immer mehr Luxushotels und Hotelketten entstehen, hungern immer mehr Menschen, weil sie mit immer weniger Geld auskommen müssen. Ein Kellner bekommt ca. 20 000 bis 26 000 LKR im Monat für bis zu 16 Std. Arbeit, das reicht für die Ernährung und das Schulgeld für die Kinder nicht.
Ich war früher aktiver im Forum, insbesondere im alten Lankafirst, leider schaffe ich es beruflich nicht, mich mehr zu engagieren. Dieser Beitrag war mir jedoch wichtig, da Sri Lanka und die Menschen mir am Herzen liegen und möglicherweise bald noch einen sehr guten Fahrer verlieren wird. Ich denke dieses Forum verträgt meinen etwas kritischen Bericht. Auch ich habe einen Traum, dass die Welt durch jeden Einzelnen von uns etwas gerechter wird und wir auch im Urlaub kritisch hinterfragen, ob die uns gebotenen Preise in Ordnung sind.
einen lieben Adventsgruß
Samavene
 
Hallo Samavene,

vielen Dank für deinen Bericht. Unser Form verträgt durchaus eine kritische und sachliche Meinung!

Ich werde jedenfalls im Urlaub, das ist ja schon in drei Wochen:smilie_hüpf:, die Sache kritischer betrachten
und mir ggf. selbst ein Taxi bestellen.
 
Ich finde es auch gut, dass soetwas angesprochen wird.
Wir haben bewusst nicht über das Hotel eine Rundreise gebucht, sondern uns selber per Recherche hier und im Internet einen Einheimischen Fahrer gesucht. Preislich gibt sich das nicht viel, weil ich den Eindruck habe, dass alle deutsch sprechenden Fahrer deutlich teurer sind als englisch sprechende.
Aber hier weiß ich, dass nicht der Hotelier mitverdient, sondern das Geld auch beim Fahrer landet. Und der macht ja schließlich auch die Arbeit.
Ich hoffe, dass auch wir einen nicht komissions orientierten Fahrer haben!
 
Nicht jeder Fahrer am Straßenrand hat einen eigenes Fahrzeug.
In den Fällen verdient der Eigentümer des Fahrzeuges ebenso mit. Meist hat er sogar mehrere Fahrzeuge laufen.
 
Was wahrscheinlich auch am Überangebot an Taxis und Tuc-Tucs seine Ursachen haben dürfte.

Welche Jobs sollen die Menschen denn machen ? Ein Überangebot an freien Stellen für den Normalo mit unterklassiger Schulbildung konnte ich nicht feststellen. Somit bleibt dann halt das Transportgewerbe. Ich kann da sogar mitreden inonie
 
Das ist ein interessanter Hinweis. Wir fliegen auch nächsten Monat.
Aber wie finden wir als Neuling jeweils einen "guten, sicheren Fahrer"?
Da wir ja in jeder Unterkunft im Durchschnitt eine Woche bleiben haben wir keinen Fahrer gebucht, nur die Unterkünfte reserviert. Ich hätte mich normalerweise auf den Gasthausbesitzer verlassen.
 
Ich hätte mich normalerweise auf den Gasthausbesitzer verlassen.

Das ist oftmals für Neulinge auch sinnvoll. Zumindest für den Anfang. Ihr seht dann z.B., wie der Preis vom Hotel zum Einkauf war. Testet dann einen anderen Fahrer und vergleicht vor allem Service und dann den Preis.

Nur so ein Gedanke .
 
Welche Jobs sollen die Menschen denn machen ? Ein Überangebot an freien Stellen für den Normalo mit unterklassiger Schulbildung konnte ich nicht feststellen.
Leider ist es oftmals gar nicht so einfach, auch in Bereichen wo geringe Qualifikationen verlangt werden, Arbeitskräfte zu bekommen.

Das man mit Fleiß und Lernbereitschaft durchaus auch bessere Stellungen in einem Betrieb erreichen kann, sehe ich an meiner Nichte. Begonnen als einfache Näherin, hat sie sich eine hohe Position in ihrer Firma erarbeiten können.

In ihren Betrieb gibt es zwischen 10, 15 % mehr Näherinnen als Arbeitsplätze vorhanden sind, weil eben genau dieser Prozentsatz nicht täglich zur Arbeit erscheint. Um alle Arbeitsplätze kontinuierlich zu besetzen, ist dieser Personalüberhang schlichtweg notwendig.

Diese Erfahrung habe ich auch hier in Deutschland bei unseren, zeitweise zahlreichen, SL-Beschäftigten machen können, wobei die Frauen wesentlich besser abschnitten als die Männer und die Tamilen wiederum meist besser als die Singhalesen.
Woran das nur liegen mag ?

Wir haben monatelang einen Mann für Gartenarbeiten gesucht und waren bereit, etwa das dreifache des normalen, ortsüblichen Lohnes zu zahlen, aber (wahrscheinlich auf Grund meiner blassen Haut) war da noch nicht genug. Letztlich habe ich den Kram selber gemacht, was wiederum auf völliges Unverständnis in der Nachbarschaft stieß.

Viele Srilankis fühlen sich, trotz mangelnder Qualifikation, zu höheren berufen und sind einfach nicht bereit, die aus ihrer Sicht, "niederen" Tätigkeiten zu verrichten, das Kastendenken spielt dabei sicher auch eine, nicht unwesentliche Rolle.

Von der Pünktlichkeit und Arbeitsdisziplin will ich garnicht sprechen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Annette,
wenn Du Interesse hast, kann ich Dir ja mal die Webseite von Ajith geben: www.srilankatours-ajith.com
Vielleicht ist das ja was für Dich. Gerne kannst Du Dich auch bei mir melden.
Herzliche Grüße
Samavene
 
Stimme da Hänschen voll und ganz zu. Wohin sollen denn die vielen Arbeitssuchenden ohne einen ordentlichen Schulabschluss und vor allem ohne Beziehungen.
Die Flexibilität ist nicht gegeben. Ein kreativer Geschäftssinn, wie es die moslem. Bevölkerung hat oder wie wir es von den Chinesen kennen, ist bei den überwiegenden Teil der Singhalesen nicht angelegt. Nach dem Tsunami gab es viele Spenden für Tuc Tucs und Auto`s, das stimmt wohl. Das hat den Markt ebenso negativ beeinflußt. Die Fahrer fahren ja nicht nur für Touristen sondern überwiegend auch die heimische Bevölkerung. Durch die Autobahn und die Expressbusse gibt es eine schnelle Anbindung an Colombo. Die Pilgertouren sind auch durch die Verarmung der Bevölkerung weniger geworden, sie können es sich nicht mehr leisten zu reisen. Auch die Dezentralisierung der Behörden spielt keine unerhebliche Rolle.
 
@ Tabro:

Leider ist es oftmals gar nicht so einfach, auch in Bereichen wo geringe Qualifikationen verlangt werden, Arbeitskräfte zu bekommen...

Wie Du selbst schreibst:

Viele Srilankis fühlen sich, trotz mangelnder Qualifikation, zu höheren berufen und sind einfach nicht bereit, die aus ihrer Sicht, "niederen" Tätigkeiten zu verrichten, das Kastendenken spielt dabei sicher auch eine, nicht unwesentliche Rolle.

Das man mit Fleiß und Lernbereitschaft durchaus auch bessere Stellungen in einem Betrieb erreichen kann, sehe ich an meiner Nichte. Begonnen als einfache Näherin, hat sie sich eine hohe Position in ihrer Firma erarbeiten können.

Inzwischen haben einige Unternehmen begriffen, wie man Kunden halten und gewinnen kann - durch Zuverlässigkeit und besonders die Textilindustrie ist ein wesentlicher Zweig für den Export. Deine Nichte ist damit sicher den richtigen Weg gegangen, aber das muss auch erst einmal in die Köpfe der Menschen.

@Samawene:
Die Flexibilität ist nicht gegeben. Ein kreativer Geschäftssinn, wie es die moslem. Bevölkerung hat oder wie wir es von den Chinesen kennen, ist bei den überwiegenden Teil der Singhalesen nicht angelegt.

Yepp,

und genau da liegt das Problem zwischen Srilankis ( vor allem Singhalesen ) und Moslems. Genug Meldungen über den Stress gab es in der Vergangenheit.

So, nun aber bitte zum Eingangsthema zurück. Ich verschiesse mich grad wieder ein wenig und gehe weiter im Thema, als ich selbst wollte.
 
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