Spiegel-Artikel über S.L.

ekim

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SPIEGEL ONLINE - 25. Juli 2005, 06:02
URL: http://www.spiegel.de/reise/fernweh/0,1518,362902,00.html

Sri Lanka

Butterfahrt auf Buddhistisch

Von Lars Langenau

Sri Lanka wurde vom Tsunami hart getroffen. Mittlerweile sind die schlimmsten Spuren beseitigt, der Alltag ist wieder eingekehrt. Die Menschen auf der Urlaubsinsel hoffen auf die Wiederkehr der Touristen. Ein Anlass, den Koffer zu packen, ist ein mystisches Fest zu Ehren des Backenzahns Buddhas.


Alles schien auf einem guten Weg. Sri Lanka verzeichnete ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum, gerade hatte sich die Insel von einem bizarren Bürgerkrieg erholt, der den Tourismus fast zum Erliegen gebracht hatte.

Doch dann kam der "Schwarze Sonntag". Um 9.20 Uhr am 26. Dezember 2004 überrollte der Tsunami das paradiesische Eiland. 31.000 Menschen starben in den Fluten des Indischen Ozeans. Eine Viertelmillion Häuser wurden zerstört.

Während im Inland der tropfenförmigen Insel vor Indien kaum etwas von den Folgen des Naturunglücks zu spüren war, schlug die Monsterwelle besonders hart an den Küsten im Osten, Süden und teilweise noch Südwesten zu. Den von Europäern am häufigsten besuchten Westen erwischte es nicht so schlimm.

Trotzdem war auch hier die Saison bereits am zweiten Weihnachtstag gelaufen. Wer wollte in dieser apokalyptischen Tragödie schon seinen Urlaub verbringen? Noch ein halbes Jahr nach der vernichtenden Wasserwalze stehen Touristen vor einem Dilemma: Soll man überhaupt in ein Land reisen, das solch ein Leid und Elend erlebte? Oder verzichtet man darauf - und verstärkt dadurch noch die Depression im Land, weil dann eine der Haupteinnahmequellen wegbricht?

Um die Entscheidung zu erleichtern: Der Großteil der sanftmütigen, freundlichen Menschen hat sein Lächeln wiedergefunden. Unermüdlich wird auf Sri Lanka am Wiederaufbau gearbeitet. Die Zeltstädte sind verschwunden, viele Restaurants und fast alle Hotels sind wieder eröffnet. Nun hoffen die Sri-Lanker auf eine Rückkehr der Touristen - und zwar möglichst schnell.


Buddhas Backenzahn

Ein guter Anlass, für Kurzentschlossene trotz all dem Ungemach der jüngsten Vergangenheit und den teilweise heftigen Regenfällen während der Monsunzeit jetzt einen Trip nach Sri Lanka zu buchen, ist eine Art asiatischer Schützenausmarsch, der jeden Besucher fasziniert. Alljährlich lockt das Fest Hunderttausende, überwiegend einheimische Schaulustige in die alte Königsstadt Kandy im Zentrum der Insel.

Der Aachener Dom besitzt die Windel Jesu, Istanbul ein paar Barthaare des Propheten Mohammed. In Kandy ist der Backenzahn Buddhas aufbewahrt. Mehrere Tage im Jahr begehen hier 500 Tänzer, Hunderte Fackelträger mit Dutzenden Elefanten Perahera, Sri Lankas wichtigstes religiöses Fest zu Ehren des kostbarsten Symbols ihres Nationalstolzes.


Die Hauptfeierlichkeiten der weltweit größten buddhistischen Prozession beginnen dieses Jahr am 11. August - zehn Tage vor Vollmond. Peinlich genau wird der Termin Jahr für Jahr von Astrologen errechnet. Bereits am frühen Morgen säumen die ersten Pilger die Straße, um nach Sonnenuntergang einen guten Blick auf den Umzug zu erhaschen. Die Prozession zu Ehren Buddhas zieht nach Jahrhunderte alten Ritualen und Zeremonien vom "Tempel der Zahnreliquie" durch die ganze Stadt.

Würde man nach den Klischees Südostasiens suchen, hier wäre man an der richtigen Stelle: Ölglänzende nackte Oberkörper der Tempeltänzer, kunstvolle, farbenprächtige Gewänder der Musiker, dumpfe Trommelwirbel und das Licht von Hunderten Fackeln verzaubern die Schwüle der Nacht. Angeführt wird der prächtige Zug von einem mächtigen Elefanten, der mit Hunderten Glühlampen geschmückt ist - betrieben werden sie ganz profan von einer Autobatterie. Dabei ist es der mystischen Stimmung nicht abträglich, dass auf dem Rücken des Elefantenbullen zwar nicht der Zahn selbst, sondern nur eine Kopie der Reliquie transportiert wird.

SRI LANKA REISETIPPS

Beste Reisezeit

Ganzjährig herrscht auf der Insel tropisches Klima mit Temperaturen um 30 Grad. Hochsaison für den Westen und Südwesten ist zwischen Oktober und April. Monsune bringen zwischen Mai und September oft heftige Regenschauer. Zudem ist das Meer zu dieser Zeit oft stark aufgewühlt.

Einreise

Nötig ist ein noch sechs Monate gültiger Reisepass. Ein 30 Tage gültiges Touristenvisum wird bei der Einreise erteilt.
Währung:
Für einen Euro gibt es etwa 120 Rupien (Stand Juni 2005).

Veranstalter

Diese Tour wurde mit der Young-Line-Erlebnisreise des Reiseveranstalters Marco Polo unternommen. Das 17-tägige Basispaket (inklusive Flüge, Rundreise, Übernachtung im Doppelzimmer mit Frühstück, und Deutschsprechender Reiseleitung eines Einheimischen) ist ab 1449 Euro zu haben. Individuelle Anreise und ein verlängertes Programm sind möglich. Nächste Abreisedaten sind der 3. August; 5. Oktober und der 26. Oktober. Infos und Buchungen über http://www.marco-polo-reisen.com oder 00800/4401 4401. SriLankan Airlines fliegt mehrmals wöchentlich nonstop von Frankfurt am Main nach Colombo: SriLankan Airlines, Tel. 069 / 90 43 90 10, Internet www.srilankan.de. Der Flug dauert neun Stunden. Fast alle Hotels sind wieder geöffnet und bieten wie die Reiseveranstalter derzeit noch zum Teil erhebliche Preisnachlässe an. Weitere Auskünfte: Srilankisches Fremdenverkehrsamt, Allerheiligentor 2, 60311 Frankfurt, Tel. 069/287734

Gesundheit

Keine Impfungen vorgeschrieben, empfohlen wird aber Prophylaxe gegen Tetanus, Diphterie, Polio und Hepatits A.

Kleidung

Leichte Sommerkleidung. Ein dicker Pulli ist sinnvoll, wenn es auch ins Bergland gehen sollte. Kurze Röcke und kurze Hosen werden bei den Einheimischen belächelt. Ihre Schultern sollten Frauen bei Tempelbesuchen bedecken. Neben Sonnenbrille gehören Trekking-Sandalen ins Reisegepäck. Moskito-Netze sind in fast allen Hotels über den Betten befestigt (Ein-Punkt-System). Helle Kleidung ist wegen Mücken sinnvoll. Ansonsten ist als Mückenschutz Citronella empfehlenswert, das es vor Ort überall zu kaufen gibt.


Indien light

Doch auch jenseits der Festivitäten verführt Sri Lanka jeden Besucher so sehr, dass er - erfahrungsgemäß - wiederkommen wird. 20 Millionen Menschen leben auf der Insel von der Größe Bayerns. Sri Lanka heißt "die strahlend Schöne" - und das ist wahrlich keine Übertreibung. Marco Polo nannte sie einst "die Beste der Welt" und war davon überzeugt, das Paradies gefunden zu haben.

Das mag heute etwas übertrieben klingen, aber Sri Lanka ist zumindest wie Indien light: Es besitzt viele der Reize des benachbarten Festlandes - nur ohne die dort überall sichtbaren Schrecken der Armut und Krankheiten.

Vereinzelt teilen sich heute Touristen schon wieder den Strand mit den Fischern - wie etwa in der ehemaligen Hippie-Kolonie Hikkaduwa im Südwesten der Insel. Nicht nur an diesem Badeort säumen Kokospalmen den feinen, weißen Sandstrand. Abseits der Strände fasziniert die Insel durch ihre uralte Kultur, fremde Vegetation, exotische Früchte und Gewürze.

Kaufrausch im "Luckyland"

Auf Sri Lanka boomt Ayurveda ("das Wissen des Lebens"). Fast alle der 140 größeren Hotels der Insel bieten Behandlungen nach der 3000 Jahre alten Heilkunst an. Und auf dem Weg von Sri Lankas touristischen Hot Spots im Norden zur Hauptstadt Colombo haben alle hundert Meter Ayurveda-Farmen aufgemacht. Links und rechts der engen Straße geht es erst vorbei an endlosen Teeplantagen, die sich allmählich in tropisches Grün verwandeln. Auch die Farm "Luckyland" verkauft Wellness-Produkte und bietet Führungen durch ihren Gewürz- und Kräutergarten an.

Der einheimische Reiseführer staunte angesichts der Preise, die Besucherinnen ohne Wimpernzucken bezahlten. Sie werden hier unweigerlich vom Kaufrausch gepackt: Massageöl aus Zimtextrakt, Haartonikum gewonnen vom Öl der Königskokosnuss, Schönheitscreme gemixt mit Sandelholzöl, eine Salbe für kleine Fältchen, eine Bodylotion, ein Kräuterpulver für die Zahnpflege - sowie das Potenzmittel "Kamayogi". Das "Luckyland" ist eine Butterfahrt auf Buddhistisch.

Man mag den Besucherinnen zugute halten, dass sie das immer freundliche Lächeln des Verkäufers einlullte. Oder dass sie die Ölmassage erschöpfte, die kein Besucher der Insel verpassen sollte. Denn wenn man nackt auf der Bank liegt, hilft nur noch Fatalismus. Langsam tröpfelt Wunderöl auf den Kopf, dann legt der Masseur mit kreisenden Bewegungen los und entdeckt mit stärker werdenden Bewegungen nach und nach Muskeln im Körper, von deren Existenz man zuvor keine Ahnung hatte - und deren Lebensberechtigung spätestens am kommenden Tag in Frage gestellt werden.

Sinnliche Schönheiten


Nach der Massage ist noch der Besuch ein paar alter Steine drin. Beispielsweise des riesigen Freilichtmuseums Anuradhapura. Am besten ist die größte Klosterstadt der Antike mit historischen Fahrrädern zu erkunden, die am Straßenrand oder in Hotels mit britischem Kolonialcharme auszuleihen sind. Affen toben zwischen den zahllosen Ruinen umher und mit etwas Glück suchen die als Schlangentöter bekannten Mungos am Wegesrand nach Nahrung.

Die gemütliche Tour im Sattel führt zu einem mehr als 2000 Jahre alten, riesigen Bodhi-Baum, der unzähligen Pilgern Schatten spendet. Er soll ein Ableger des Baumes sein, unter dem einst Buddha seine Erleuchtung fand und wird von den Anhängern seiner Religion zutiefst verehrt.

Auch das rund 100 Kilometer entfernte Polonnaruwa war einst Sitz der Könige Sri Lankas. Neben Dutzenden Tempeln strahlt hier ein 14 Meter langer schlafender Buddha Weisheit, Güte und Gemütlichkeit aus. Das Weltkulturerbe ist ein beeindruckendes steinernes Zeugnis einer großen Historie, als die regierenden Buddhisten ihre Zeit noch überwiegend der Religion, schönen Frauen und den Künsten widmeten.

Ein Beispiel für die beeindruckende Kunst der Herrscher ist der benachbarte Löwenfelsen von Sigiriya. Horden neugieriger Schulkinder begleiten den Besucher beim anstrengenden Aufstieg über unzählige Treppen zu den Resten des Palastes auf dem Plateau in 200 Meter Höhe, den sich König Kasyapa vor 1500 Jahren als Rückzugsbastion. Genützt hat sie ihm nichts, der Legende nach tötete Kasyapa sich selbst.

Im Kontrast zu dieser blutigen Geschichte ist an der Bergwand der Löwenterasse das berühmteste Wandgemälde Sri Lankas verewigt: Hier schweben himmlische "Wolkenmädchen" - Bildnisse von lächelnden Frauen, die ihre Brust entblößt haben und deren Unterkörper von Wolken verhüllt ist. Obschon sie 15 Jahrhunderte alt sind, verströmen sie noch immer sinnliche Schönheit. Dem Betrachter scheinen sie mit ihrem bezaubernden Lächeln das Versprechen abnehmen zu wollen, irgendwann zurückzukehren.
 
den artikel hab ich auch gelesen - sehr interessant :))

der glaube versetzt auch berge, sagt man zumindest und durch ihn rückten viele enger zusammen.

mfg., hänschen
 
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