mal was anderes zum thema TSUNAMI

Hänschen

Betreiber des SLB
Teammitglied
Registriert
24. Juli 2005
Beiträge
17.640
Tsunami in der Nordsee


Katastrophenfilm über eine fiktive Riesenwelle

von Matthias Heine

Es sieht so aus, als ob die Welle, die diesen TV-Film fast versenkt hätte, zur Erfolgswelle geworden wäre. In 73 Länder ist "Tsunami" bereits verkauft. In Spanien ist die Produktion schon gezeigt worden und hatte dort einen Marktanteil von 26 Prozent. Dabei schien es im Dezember 2004, als hätte ProSieben den Film zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt bestellt. Nachdem die Dreharbeiten Ende Oktober abgeschlossen waren, befand man sich gerade in der Schlußproduktion, als die Naturgewalt zu Weihnachten über die Küsten Asiens und Afrikas rollte und Hunderttausende Menschen starben. Von diesem Moment an mußte Regisseur Winfried Oelsner zwar niemandem mehr erklären, was ein Tsunami ist, aber der ursprünglich fürs Frühjahr angesetzte Sendetermin wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.


Die etwas hysterische Pietät aller Sender, die um die Jahreswende herum auch dazu führte, daß Lieder wie "Die perfekte Welle" verbannt und eine Ausstrahlung des Films "The Beach" abgesetzt wurde, hat nun offenbar ihr Verfallsdatum erreicht. Schließlich ist "Tsunami" sogar nach Indonesien und Sri Lanka verkauft worden. Warum also auf der anderen Seite der Welt noch länger zögern? Deshalb zeigt ProSieben den Film heute zur besten Sendezeit. Nach einer Umfrage der Zeitschrift "TV Movie" halten das 56 Prozent der Deutschen für in Ordnung, 40 Prozent finden es geschmacklos.


Qualitative und inhaltliche Einwände können gegen die Sendung kaum geltend gemacht werden: Zwar sind die Bösen hier von Anfang so leuchtend und lupenrein böse, daß man ihre Bosheit schleifen könnte wie einen Edelstein. Und die Behörden und die Polizei sind so unfaßbar begriffsstutzig, daß man sich fast wünschen würde, all diese Dummheit würde von einer Sintflut hinweggespült. Dem gegenüber steht eine Ferienidylle, die Sylt mindestens so sauber, heil und banal zeigt wie die Konkurrenzinsel Rügen bei "Hallo Robbie!". Aber die Effekte, mit denen diverse immer schlimmere Monsterwellen und ihre Auswirkungen dargestellt werden, sind ebenso aufwendig und sehenswert wie die wilden Maschinenpistolenballereien, Motorradstunts und Hubschrauberkapriolen. Man kann sich denken, daß ProSieben angesichts der gewiß recht hohen Produktionskosten des Films ziemlich nervös wurde, als dessen Ausstrahlung zunächst gefährdet schien.


Ausgelöst wird die große böse Filmwelle von Menschenhand, nämlich vom skrupellosen Ölingenieur Kramlick (mit Gesicht und Aura eines klassischen "Heavy": Dan van Husen), der mit Sprengungen Methanhydrat in der Nordsee sucht. Es gilt manchen als Brennstoff der Zukunft.


Doch solche ökologischen Fragen liefern in "Tsunami" nur den erzählerischen Hintergrundsoundtrack: Als der Sicherheitsexperte Christian Wieland (Lars Gärtner) allzu hartnäckig davor warnt, daß Kramlicks Explosionen ein Unterwasserbeben und eine Flutwelle auslösen könnten, räumt Kramlick ihn aus dem Weg. Das lockt Wielands besten Freund, den etwas abgehalfterten Surf-Champion Jaan (Kristian Kiehling) aus seiner Lethargie heraus auf Kramlicks Bohrinsel. Gemeinsam mit der Umwelt-Beamtin Svenja Schweiger versucht er, die Katastrophe in letzter Minute zu verhindern.


Die ganze Debatte, ob man den Film zeigen darf, hat schon jetzt etwas künstlich Erregtes. Jeder Angehörige eines deutschen Tsunami-Toten wird die Ausstrahlung mit allem persönlichen Recht schamlos finden. Aber daraus ein Darstellungsverbot abzuleiten, würde das Ende fast jeder Art von spannender Fiktion bedeuten - im Fernsehen, im Kino, in der Literatur und im Theater. Am Ende ist ohnehin jede Pietät nur eine Frage der Schonzeit, und jede Menschheitskatastrophe wird irgendwann zum Mythos, bei dem sich große und kleine Erzähler bedienen.

"Tsunami". 20.15 Uhr, ProSieben


naja, zuerst war die scheu, dann das überlegen, den film zu zeigen und nun ............. ?
 
Oben