gegen das alter...

Biggi

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Jeden Tag das Gesicht mit Sandelholzöl einreiben, und nach einem halben Jahr sind alle Falten weg“, erklärt Ranjith den älteren Damen aus der Touristengruppe. Der selbst ernannte Heiler hat gegen fast jedes menschliche Leiden ein Kräuterpräparat im Angebot.

Tropfen gegen Rheuma, Kräuterweine gegen Verdauungsbeschwerden und Nervosität, eine Enthaarungscreme und ein Tonikum zur Blutreinigung. Den Herren aus der Gruppe präsentiert er ein Potenzmittel namens „Kamayogi“, das angeblich Wunder wirkt.

„Sri Lanka Viagra“, sagt Ranjith augenzwinkernd und lässt seinen Zeigefinger abrupt nach oben schnellen. Den Spaß macht er jeden Tag mehrmals – immer wenn er Besucher durch den „Herbal Garden“ führt. Anschließend werden die diversen Öle, Tees und Tinkturen verkauft – zu stattlichen Preisen.

An diesem Tag ist Ranjith nicht so recht bei der Sache. Zwei Freunde reden hektisch auf ihn ein. In Alutgama gibt es Streit mit den Moslems. Mehrere Geschäfte sind niedergebrannt worden. Die Männer diskutieren, offenbar ist die Lage wegen eines im Grunde banalen Vorfalls eskaliert.

Ein singhalesischer Jugendlicher, so wird erzählt, habe sich in dem von Moslems betriebenen Laden über ein defektes Handy beschwert, daraufhin war es zu Handgreiflichkeiten gekommen, der Junge wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht.

Seine Freunde nahmen Rache und zündeten den Laden an. Auch die zuvor so friedlichen Mitarbeiter der Kräutergartens stürmen jetzt an den Ort des Geschehens. Gegen die politischen und religiösen Spannungen im Lande ist kein Kraut gewachsen.

Am Nachmittag ist die Straße, in der man nur noch die rußgeschwärzten Ruinen der Geschäfte sieht, von Polizeikräften abgeriegelt. Auf der Galle Road, der Hauptverkehrstraße zwischen Colombo und den Touristenregionen im Südwesten Sri Lankas, patrouillieren Einsatzkräfte mit Maschinenpistolen. An den wenige hundert Meter entfernten Traumstränden herrscht derweil heile Ferienidylle.

Die Touristen bleiben meist in den Hotelanlagen, die direkt an den Stränden von Beruwela und Bentota liegen. Am nächsten Tag ist auch auf den Straßen wieder Alltag eingekehrt. Es war ein harmloser Streit, nicht zu vergleichen mit dem blutigen Konflikt zwischen den Bevölkerungsgruppen der Singhalesen und den überwiegend im Norden der Insel lebenden Tamilen, der das Land bis heute spaltet.

In den Touristenregionen im Süden und Südwesten Sri Lankas ist davon nichts zu spüren. Die All-inclusive-Resorts bilden eine eigene Welt – unabhängig von Politik und Glaubensrichtung. Am Strand bietet sich ein Bild des Friedens.

Dort wo der Bentota-Fluss ins Meer mündet, liegt eine Felseninsel vor der Küste. Man kann durch das flache Wasser hinüberwaten und den Pfad hinauf zu einem kleinen Tempel gehen. Ein junger buddhistischer Mönch weist den wenigen Besuchern den Weg und drückt ihnen ein vergilbtes Faltblatt in die Hand. Die Touristen sind eingeladen, an den morgendlichen Meditationen teilzunehmen.

In der Zeit vor dem Tsunami, als man noch trockenen Fußes auf die Insel gelangen konnte, wurde das Angebot von den Gästen der gegenüberliegenden Hotels gerne angenommen. Nach der Flut hat sich die Küstenlinie verändert und der Zugang ist schwieriger. Aber meditieren kann man auch jetzt noch - allein auf den Felsen mit dem Blick über die endlos erscheinenden Sandstrände und aufs Meer.



An dieser Ecke Sri Lankas erinnert nur noch wenig an die Verwüstungen, die die gigantischen Wellen angerichtet haben. Jugendliche Surfer stürzen sich in die Brandung, Badegäste treiben entspannt im 33 Grad warmen Wasser, dynamische Damen ziehen im Walking-Schritt an den kilometerlangen Stränden entlang. Der Alltag ist zurückgekehrt und mit ihm die Touristen: Man spricht deutsch in Beruwela und Bentota. In den beiden mit zahlreichen Hotels und Gästehäusern gesäumten Ferienorten an der Südwestküste sind die deutschen Urlauber in der Mehrheit. Die einheimischen „Beachboys“, die am Strand Dienste aller Art (von der Bootsfahrt bis zur erotischen Betreuung) anbieten, haben sich darauf eingestellt und beherrschen die wichtigsten Redewendungen.

Die Erinnerungen an den Tsunami sind heute Teil des Informationsprogramms. Jeweils am Freitag lädt Michael A. Weyland, Direktor des Hotels „Lanka Princess“ zum Diaabend ein, an dem er berichtet, wie er und die damaligen Gäste den 26. Dezember 2004 erlebt haben. Mit dem Satz „Mr. Weyland, the ocean is in the garden“ stürzte an jenem Tag sein Servicechef ins Büro. Wenig später stand das Wasser schon im Erdgeschoss. Aber mit Improvisationstalent gelang es trotzdem, noch am gleichen Abend ein Büfett zu servieren.

Auch der Weihnachtsbaum – auf einem der Dias umgeben von Wasserlachen zu sehen – trotzte der Flut. In der Hektik jener Tage kam es zu absurden Szenen. Die Regierung hatte die Evakuierung aller Hotels angeordnet, aber viele Gäste des „Lanka Princess“, die sich dort sicher fühlten, wollten bleiben.

„Da kamen am Abend plötzlich drei schwer bewaffnete Herren von der Luftwaffe herein und meinten, ich würde die Gäste als Geiseln halten“, erzählt Weyland. Das Missverständnis ließ sich aufklären. Gemeinsam sorgten Angestellte und Touristen dafür, dass das größte Chaos bewältigt wurde. Einige Stammgäste schwärmen noch jetzt von dem Gemeinschaftsgefühl, das sich in jenen Tagen zeigte. Und schon bald wurden die Ayurveda-Behandlungen wie gewohnt fortgesetzt. In diesem Februar war das „Lanka Princess“ wieder ausgebucht, in anderen Hotels stehen aber noch viele Zimmer leer.

Zwar hatten die Flutwellen in dieser Region nicht so katastrophale Wirkungen wie an anderen Küstenabschnitten Sri Lankas, dennoch wurden alle Hotels beschädigt, einige so schwer, dass ein Wiederaufbau sich nicht mehr lohnt. An der Küstenstraße nach Colombo sieht man noch viele Häuserruinen und zerfetzte Boote am Strand. „Es wurde in Deutschland sehr viel gespendet, aber viele Hilfsgelder sind nicht bei den Leuten angekommen“, erzählt Tourguide Sisil Gayan.

Um sicher zu gehen, dass die Spendengelder nicht im Sumpf der Bürokratie verschwinden, haben manche Urlauber den direkten Weg gewählt. Ein Stammgast des „Lanka Princess“ finanziert einem Taxifahrer, der nach dem Tsunami seinen Job verlor, die Schulausbildung seiner Tochter. Andere Gäste haben Geld gesammelt, damit die Bediensteten der Hotels ihre Häuser reparieren konnten und die „Beachboys“ neue Boote bekamen. Um das ursprüngliche Sri Lanka zu finden, muss man weiter fahren – am besten weg von den Stränden ins Landesinnere.

„Zum Baden allein zu schade“ lautet der Slogan der Tourismuswerber. Der Besucher, der vor der Reise vielleicht mit dem Gedanken gespielt hat, das Land auf eigene Faust mit dem Mietwagen zu erkunden, wird davon rasch Abstand nehmen. Schon beim Transfer vom Flughafen zum Hotel wird klar, dass ein Autofahrer, der europäische Verhältnisse gewohnt ist, in dem Verkehrsgewimmel auf den Straßen hoffnungslos verloren ist. Zwangsläufig schließt man sich da lieber einer organisierten Bustour an, die zu den Hauptsehenswürdigkeiten führt.

Unverzichtbar ist dabei der Aufstieg auf den 200 Meter hohen Monolithen von Sigiriya, auf dem König Kasyapas sich vor 1500 Jahren einen Palast in luftiger Höhe errichten ließ. Über Wendeltreppen und in den Fels gehauene Stufen erreicht man in etwa einer Stunde das Plateau, wobei manche Besucher unverlangt Unterstützung von Einheimischen bekommen, für die der Begriff „Schlepper“ im direkten Sinne zutrifft. Sie zerren und schieben auch die schwerfälligsten Touristen nach oben und fordern für diese Leistung hohe Trinkgelder ein.

Auf halber Höhe sind die aus dem fünften Jahrhundert stammenden Felsmalereien der barbusigen „Wolkenmädchen“ zu sehen. Während am Sigiriya-Felsen meist großer Touristentrubel herrscht, geht es in dem nahe gelegenen buddhistischen Kloster Pidurangala ruhig zu. Mitten im Wald sieht man Tempelruinen und Säulen, die an das britische Stonehenge erinnern. Ein schmaler Pfad führt auf einen Berg hinauf, an dessen Hang eine gigantische liegende Buddha-Statue zu bewundern ist. Auf dem Sportplatz des Klosters tummeln sich derweil die jungen Mönche mit wallenden orangenen Gewändern beim Kricketspiel – ein fröhliches Bild des Friedens.



Am nächsten Tag steht das Hauptheiligtum Sri Lankas auf dem Programm, der Zahntempel von Sri Lanka. Nachdem im Jahre 1998 tamilische Selbstmordattentäter einen Bombenanschlag auf das Gebäude verübt hatten, gibt es hier Sicherheitsschleusen wie am Flughafen. Den in einem Schrein aufbewahrten heiligen Zahn Buddhas bekommen Normalsterbliche nicht zu sehen, wohl aber die 21 großformatigen Gemälde, auf denen die Geschichte der Reliquie erzählt wird.

Der ungläubige indische Kaiser Pandya wollte den Zahn dereinst zerstören lassen, was jedoch nicht gelang. Beim Versuch, ihn mit einem Hammer zu zerschlagen, verwandelte sich der Zahn in einen Stern, der über der Menge leuchtete. Ein gläubiges Prinzenpaar brachte ihn schließlich nach Sri Lanka.

Weitere Stationen der Rundreise sind der Höhentempel von Dambulla mit prächtigen Buddhafiguren, der Botanische Garten von Kandy und das so genannte Elefantenwaisenhaus von Pinnawela. Diese Anlage wurde 1975 gegründet, um verlassene Elefantenbabys aufzuziehen, inzwischen handelt es sich aber eher um einen Tierpark, in dem domestizierte Elefanten als Touristenattraktion vorgeführt werden. Immerhin können die Tiere sich hier relativ frei bewegen, in einem großen Becken plantschen und im nahen Fluss baden. Zum Standardprogramm einer Tour gehört weiterhin der Besuch von Teeplantagen und Edelsteinfabriken.

Und natürlich gibt es wieder mal einen Besuch in einem Ayurveda-Kräuter-Garten. Suraj Wijesinghe, Manager von „Luckyland“, hat nach eigenen Angaben zweieinhalb Jahre als Mönch in einem Kloster in Nepal gelebt, um zu sich selbst zu finden. Das war offenkundig erfolgreich. Jetzt beschäftigt er in seiner Kräuterplantage und der angeschlossenen Fabrik 300 Menschen. Auch er hat so manches Wundermittel im Angebot, eines davon soll beim Abnehmen helfen.

„Leute, die FDH machen, haben oft große Probleme mit Gastritis und Sodbrennen“, erklärt er den Besuchern in perfektem Deutsch. „Wenn Sie unser Entschlackungsmittel nehmen, können Sie dasselbe weiteressen wie bisher.“
 
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