Suse´s Reisebericht

Suse

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Teil I (Teil II ist in Arbeit)

Reisebericht Sri Lanka 10.09.2006 - 25.09.2006

(Mittwoch, 13.09.2006)
Ich liege etwas “betütelt” in meinem Bett des Hotelzimmers (Camelot Beach) in Sri Lanka und irgendwie kommt es mir selbst am dritten Tag hier so vor, als wäre ich noch nicht hier, sondern in einem Traum.

Die Reise habe ich 6 Tage vorher Last Minute im Internet gebucht und am Sonntag, den 10.09.2006, bin ich ganz mutig allein in den Flieger (in München, meine ganz lieben Nachbarn Martina und Rudi haben mich hingebracht) gestiegen und habe der Dinge geharrt, die passieren. Allein zu reisen ist schon ein komisches Gefühl und dann noch in so ein weit entferntes Land, wo sich ein Europäer sowieso schlecht zurecht findet. Jedenfalls war mir das Glück wieder hold.

Im Flieger habe ich erst neben einer Frau gesessen, mit der ich mich ganz gut unterhalten habe. Sie hat im letzten Urlaub in Sri Lanka einen netten Singhalesen kennen gelernt und ist nun 3 Wochen zu ihm geflogen, was selbst mir zu spannend gewesen wäre. Da das Flugzeug nur halb besetzt war, haben wir uns irgendwann getrennt, um in den über 10-stündigen Nachtflug besser schlafen zu können, da es ja ziemlich beengt im Flugzeug ist. Der Flug verlief ziemlich relaxt und ohne große Turbulenzen.

Als ich dann in Colombo gelandet bin, war ich ziemlich überrascht über den großen und modernen Flughafen, durch den ich mich allein ganz gut durchgekämpft habe. Zwischendrin hatte ich noch ein paar kurze Gespräche mit anderen Deutschen, die das ziemlich mutig von mir fanden, dass ich alleine hier her gereist bin, aber so wie ich eben bin, habe ich das nicht so dramatisch gesehen. Mein Gepäck ständig verteidigend habe ich mich durch das Gewühl zum Shuttle-Bus durchgekämpft, was nicht so einfach war, ich wusste nicht so richtig wohin, ständig wollte mir jemand mein Gepäck abnehmen um danach zu kassieren, aber ich habe es dann ohne größere Probleme zum Bus geschafft.

Im Bus hat sich dann ein Herr Müller zu mir gesetzt, der hier für Tsunami-Opfer Häuser baut. Mit ihm habe ich mich ganz nett unterhalten, zum Schluss hat er mich auf eine kleine Rundreise eingeladen. Ich sollte am gleichen Tag abends um 18 Uhr zu ihm ins Hotel kommen, um die Details zu besprechen. Nachmittags hat mir jemand einen Zettel (Telefonnotiz) unter die Zimmertür durchgeschoben, dass sie gerade unterwegs sind und er 19 Uhr hier vorbei kommt, aber es kam niemand. Später am Abend überreichte mir ein Hotelangestellter einen neuen Zettel, da stand dann drauf, dass sie schon am Dienstag morgen zeitig los fahren, in einem Camp übernachten und dass dort für eine hübsche Frau kein Platz ist. Na gut, ich habe die kleine Enttäuschung überlebt.

Vor dem einchecken ins Hotel habe ich ein sehr nettes Paar kennen gelernt, Gerd und Ute, das am gleichen Tag mit hier hergeflogen ist. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden und seit dem haben wir hier alles zusammen gemacht, vom Frühstück, Ausflüge und Baden gehen.

Obwohl ich eine lange Reise und wenig Schlaf hatte, war ich am Montag noch ganz fit und wir drei haben uns einen Überblick über unseren Ort (Stadt Negombo) verschafft. Man darf es natürlich nicht mit Europa vergleichen, es ist eine ziemlich schmutzige, einfache aber lebendig Stadt. Wir hatten gleich Kontakt zu Verkäufern, Bettlern und anderen Einheimischen. Die Armut war sehr bedrückend, an so etwas gewöhnt man sich nicht. Nach dem Abendessen wollten wir noch in die andere Richtung der Stadt laufen, da hätten wir fast eine Rundreise bei einem Einheimischen namens Anthony gebucht, aber nur fast. Wir hatten zu Hause im Internet schon davon gelesen und waren uns nicht mehr sicher, ob er der eine war, der schlecht von anderen Hotelgästen bewertet wurde. So liefen wir dann noch ein Stück durch die Stadt, wo wir von allen Singhalesen freundlich gegrüßt und uns ständig Waren angeboten wurden und dann am Strand wieder zurück.
Dort stießen wir auf einen großen Spielplatz für Einheimische, wo wir von Müttern mit Kindern angelächelt wurden. Gerd kaufte eine kleine Tüte mit Maisgebäck, die dann am Schluss 1 Euro gekostet hat, also mindestens zehnmal so teuer war. Ute und ich wir waren skeptisch und haben es nicht probiert, Gerd hat es nicht geschmeckt und so haben wir es einem Kind geschenkt, was sich sehr darüber gefreut hat.

Als wir dann Abends an der Bar saßen, war ich froh die Beiden kennen gelernt zu haben, denn im Hotel waren zu dem Zeitpunkt nur ca. 20 Gäste. Die Vorstellung jeden Abend allein an der Bar zu sitzen und von einheimischen Männern umworben zu werden, hat mir überhaupt nicht gefallen, genauso wenig wie die Vorstellung, jeden Abend um 20 Uhr auf das Zimmer zu gehen und zu lesen.

Am gleichen Abend haben wir die Einheimischen Bobby und Frank kennen gelernt. Da wie schon geschrieben Gästeanzahl sehr übersichtlich war und wir allein an der Bar saßen, sind wir gleich ins Gespräch gekommen. Bobby hat in Negombo ein kleines Büro, wo er Touren organisiert und Mietwagen verleiht. Wir haben gleich eine Tour für 15 Euro pro Person nach Kandy bei ihm gebucht. Da er 12 Jahre in Deutschland gelebt hat und somit perfekt Deutsch sprach, war das für uns vielversprechend und der Preis war eben gut. Irgendwann wurde uns dann noch der Bürgermeister von Negombo vorgestellt, wo ich am Anfang dachte, die Beiden wollen uns etwas auf die Schippe nehmen, da er ziemlich jung aussah. Uns wurde jedem eine Visitenkarte überreicht und uns erklärt, dass er der jüngste Bürgermeister der Welt sei. Dann haben auch wir es geglaubt. Der Bürgermeister war nur kurz da, aber Bobby, Frank und wir haben lange miteinander gesprochen. Als ich erzählte, dass ich in Deutschland im Gefängnis arbeite und es von mir ein großer Wunsch ist, hier mal ein Gefängnis zu sehen, meinte Bobby, dass sei alles kein Problem, er wird das organisieren. Aber ich glaubte das alles nicht so recht, solange kannten wir uns noch nicht, dass ich einschätzen konnte, dass er die Wahrheit spricht. Gegen 23 Uhr hat sich dann unsere kleine Runde aufgelöst und es ging ins Bett, der Tag war ja auch lang genug.

Am Dienstag, den 12.09.2006, bin ich ziemlich zeitig aus dem Bett gekrochen, ich könnte ja etwas verpassen. Ich saß schon kurz nach sieben beim Frühstück, habe gemütlich ein paar Tassen Kaffee getrunken, bis sich dann auch Ute und Gerd dazu gesellten. Es sollte ein Relaxtag werden. Nach dem Frühstück, dick und fett mit Sonnenschutzmittel eingecremt, ging es auf die Sonnenliege. Wir suchten uns einen Platz am Pool mit Blick aufs Meer aus und wunderten uns, warum dieser schöne Platz noch frei war. Der Poolboy richtete unsere Sonnenliegen schön her, mit gepolsterter Auflage und frischem Handtuch. Wir lagen noch gar nicht lange, da wurde uns auch schon klar, warum dieser Platz noch frei gewesen war. Es waren zwar sehr wenige Gäste im Hotel, aber daran lag es nicht. Aller fünf Minuten kam ein Strandverkäufer, der einen ziemlich unverblümt, teilweise in perfektem Deutsch ansprach um seine Waren loszubekommen. Dabei fielen Sprüche wie: “Ich bin billiger als Aldi.” oder “Ich habe eine Original Kopie von Rolex.” Das trug natürlich zu unserer Belustigung bei.

Dann stellten wir noch fest, dass es im Hotelgelände von kleinen Streifenhörnchen wimmelte. Die waren so zutraulich, dass sie auf die Liege hüften oder sogar auf die Handfläche kletterten um sich Brot zu holen. Wir fanden die Tierchen bis zum letzten Tag niedlich und putzig und nahmen bei jedem Essen Brot für sie mit.

Abends saßen wir wieder mutterseelenallein an der Bar, Bobby und Frank tauchten wieder auf. Wir besprachen noch kurz die für den nächsten Tag geplante Tour nach Kandy. Bobby organisierte alles vom Weckruf bis zum Lunchpaket. Er kümmerte sich sogar darum, dass ich kurz nach 6 Uhr meinen morgendlichen Kaffee bekam. Jedenfalls hatten wir alle keine Lust ins Bett zu gehen, als die Bar um 23 Uhr schloss, so gingen wir mit Bobby und Frank noch in eine Kneipe, ca. 10 Gehminuten vom Hotel weg. Für uns wurde sofort draußen ein Tisch eingedeckt, mit Tischdecke usw. Es dauerte auch nicht lange, da stand eine große Flasche Gin und Arrack (Schnaps aus Kokosblüten) darauf, etwas Sprite und Wasser zum verdünnen. Bobby erzählte uns viel von Sri Lanka, wir stellten ihm ja auch genug Fragen. Um halb zwei, von den Moskitos ziemlich zerstochen, machten wir drei uns auf den Heimweg. Frank fuhr uns mit dem Auto bis zum Hotel hinterher, ob wir auch gut ankommen. Uns wurde erzählt, dass es ziemlich gefährlich ist, als Tourist so spät noch auf der Straße herum zu laufen. Im Hotel war alles verschlossen, wir mussten erst einmal den Pförtner wecken, damit er uns die Tür aufmacht. Wahrscheinlich war man es nicht gewohnt, dass Gäste so spät heim kehren. Ziemlich benommen ging es ins Bett.

Um 5:30 Uhr klingelte das Telefon, der Weckruf klappte also bestens. Es war nun Mittwoch, der 13.09.2006, und unsere Tour nach Kandy stand auf dem Programm. Kurz nach 6 Uhr tranken wir im Speisesaal einen Kaffee, dann ging es gegen halb sieben auch schon los. Es war für alles gesorgt, wir hatten genügend Essen und zu Trinken im Auto, der Kleinbus war klimatisiert und wir alle trotz wenig Schlaf gut aufgelegt. Wir schauten alle gebannt aus dem Fenster, denn das was wir sahen, kennen wir nicht mal aus Filmen. In Sri Lanka ist Linksverkehr, dass ist ja nicht weiter schlimm, aber die Straßenverhältnisse an sich waren eine absolute Katastrophe. Überholt wird mit lautstarkem Hupen, Blinker sind überflüssig, ohne Hupe ist man verloren. Mitten auf Kreuzungen standen Kühe, die werden früh morgens von ihren Besitzern rausgelassen und sich überlassen. Die Kühe kehren meistens abends allein nach Hause, wenn nicht, dann sucht sich der Besitzer seine Tiere wieder zusammen. Ab und an lagen auch Hunde mitten auf der Straße, die in Europa schon lange tot gefahren worden wären, dort wich man eben den Tieren aus, keiner fluchte, es ist dort eben normal. Um diese Zeit war schon alles geschäftig auf den Straßen, es gab so viel zu sehen, dass man das alles mit Worten gar nicht wiedergeben kann.

An Reisfeldern und entlegenen Ortschaften entlang ging es zu unseren ersten Station, dem Elefantenwaisenhaus von Pinnawela. Wir zahlten unseren Eintritt von 500 Rupien und liefen hinein. Der Anblick war atemberaubend. Wir liefen auf eine Horde Elefanten zu, ich meine ca. 60 Elefanten, die vor einer schönen Urwaldkulisse zusammenstanden. Es war kein Zaun dazwischen und man konnte ziemlich nah an die Tiere heran treten. Da waren viele Baby-Elefanten, ein Arbeitselefant, der fleißig Baumstämme hin und her trug und auch ein großer blinder Elefant war dabei, der mir natürlich sehr leid tat. Ehe wir den Anblick überhaupt richtig begreifen konnten, ging es weiter zu Elefantenfütterung. Kleinere Elefanten bekamen Milch in einer Flasche gefüttert, daneben säugte eine Elefantenkuh ihr ein Tag altes Baby. Für mich wahr das der absolute Wahnsinn.

Danach liefen wir zu einem Fluss, wo Bobby für uns einen Platz auf einer Hotelterrasse reserviert hatte, wo wir unser Frühstück einnahmen. Wenig später kamen drei Elefanten, die dann von ihren Elefantenhütern im Fluss gebadet wurden. Nachdem ich ein wenig fotografiert hatte, habe ich mich zum Fluss herunter getraut, wo ich einen im Wasser liegenden Elefanten streicheln konnte, der Mahout (Elefantenhüter) hat mich dabei fotografiert. Er hat sich angefasst wie ein Schwein, aber ich bin immer noch fasziniert von den Tieren, von ihrer Gutmütigkeit, dass sie sich alles gefallen lassen, obwohl sie doch 100 mal stärker sind als wir.

Danach ging die Fahrt weiter, es sollte zum Kräutergarten gehen. Unterwegs sahen wir rote Bananen am Straßenrand hängen, worüber wir uns sehr wunderten. Bobby erklärte uns, dass es an die 200 verschiedene Bananensorten gibt. Er hielt an einem Obststand an und wir aßen zum ersten mal in unserem Leben rote Bananen. Das Aroma ist viel stärker als von den gelben Bananen die wir kennen, sie schmecken hervorragend.

Im Kräutergarten angekommen, erklärte uns ein Naturmediziner den Garten. Wir sahen Pflanzen wie Kakao, Lorbeer, Nelken, Pfeffer, Zimt und Vanille. Der Rundgang war sehr interessant gestaltet, wir durften an Blättern riechen, der Mediziner erklärte uns, für was und gegen welche Krankheiten die einzelnen Pflanzen gut sind. Wir tranken frischen Kakao, zum Schluss stellte er uns noch einige Naturprodukte vor und massierte Gerd den Kopf. Ich lehnte dankend ab, da seine Hände nicht die saubersten waren, typisch europäisch eben.

Danach ging die Fahrt weiter Richtung Kandy. Unterwegs mussten wir anhalten, da wir Bäume sahen, die ganz schwarz vor lauter Flughunden waren. Das musste natürlich fotografiert werden. Dann ging es bergauf, wir hielten wieder an, wo wir einen sehr schönen Blick auf das Bergland hatten. Gerd hatte plötzlich zwei ältere Freundinnen, die kaum noch einen Zahn im Hals hatten. Sie steckten ihn einen Zettel mit ihrer Adresse zu, damit er ihnen von Deutschland aus ein Paket schickt. Aus Mitleid kauften wir ihnen vier Gewürzsortimente ab, wovon zwei jetzt in meiner Küche hängen.

Als uns der Tumult zu viel wurde, stiegen wir schnell ins Auto und weiter ging die Fahrt. Die nächste Station war eine Teefabrik. Wir bekamen alle Stationen der Teeverarbeitung erklärt, die Produktion läuft noch mit Maschinen aus der Kolonialzeit. Wir bekamen auch noch frischen Tee und Kuchen, nach einem kleinen Einkauf von Tee und etwa 200 Bonbons (danach war der Stand an Bonbons ausverkauft) für die Kinder ging unsere Reise weiter.

Unterwegs sahen wir Affen, die an einem Stromkabel kletterten und wir jubelten, dass Frank anhalten soll. Also wurden noch die Affen bestaunt und fotografiert, wo ich fast von einem Auto umgefahren worden wäre, wenn mich Ute nicht von der Straße gezerrt hätte. Wir fanden sogar noch eine Banane im Auto, die ein Einheimischer einem der Tiere zugeworfen hat.

Nächste Station war der Zahntempel in Kandy. Bevor wir rein durften, wurden wir militärisch durchsucht und abgetastet. Ute rief auf einmal, dass sie draußen wartet, sie hatte angeblich ihre Arme nicht richtig bedeckt und darf nicht mit herein. Bobby hatte uns schon vor der Fahrt erklärt, dass wir alle Sachen anziehen müssen, die mindestens über die Knie gehen und die Schultern bedecken. Wir alle hatten das getan, aber das Sicherheitspersonal wollte sich wohl auch ein paar Rupien verdienen. So kam auch gleich ein Singhalese mit einer Decke angestürmt, die sich Ute über die Schultern zusammenknotete. Wir mussten vor dem eintreten die Schuhe und Socken ausziehen und abgeben. Dann mussten wir Eintritt und zusätzlich für eine Fotoerlaubnis bezahlen, dann durften wir endlich rein.

Der Zahntempel ist ein sehr prachtvoller Bau, überall schimmert und glänzt es. Der Tempel heißt so, weil dort der linke obere Eckzahn Buddhas in sieben Behältern aus Gold aufbewahrt wird. Wir sahen die Altare, Menschen bei ihren Gebeten, das Wohnhaus der Mönche und viele prunkvolle Buddhafiguren. Das ganze war ziemlich beeindruckend.

Als wir dann wieder aus dem Tempel heraustraten, bekamen wir unsere Schuhe wieder. Als wir schon 50 Meter gegangen waren bemerkten wir, wie uns der Singhalese hinterher lief, der auf die Schuhe aufgepasst hatte. Als ich ihm Geld gab, ging er wieder und ich war ziemlich sauer über die ganze Abzockerei.

Nach diesen ganzen Eindrücken machten wir uns auf den Heimweg. Unterwegs sahen wir noch Autowaschanlagen, wo wir alle herzhaft lachen mussten. Diese bestand nämlich aus einem Einheimischen mit einem Schlauch in der Hand, wo permanent das Wasser lief, egal ob etwas zum waschen da war oder nicht. Angehalten haben wir dann noch bei einer Bäckerei, wo wir ziemlich scharfe, aber gute Hühnchenröllchen gegessen haben. Nebenbei haben wir noch eine riesige Horde von Schulkindern gesehen, die trotz der Armut in schönen und sauberen Schuluniformen gingen.

Wir fuhren weiter und mussten an einem Bahnübergang anhalten. Die Schranken waren zwar untern, aber alles was nur zwei Räder oder Beine hatte, drängelte sich noch durch den Bahnübergang. Wir beobachteten auch, dass die Einheimischen die Bahngleise als Fußweg benutzen, was uns natürlich sehr wunderte. Als dann der Zug kam, brachen Gerd und ich in großes Gelächter aus, der sah nämlich nicht vertrauenserweckend aus. Er war langsam, ziemlich verrostet und in den Fenstern war nirgends ein Fensterglas zu entdecken.

Da die Zeit an dem Bahnübergang zu kurz für eine Rauchpause war, hielten wir noch mal außerhalb einer Ortschaft am Straßenrand an, wo wir alle, auch Bobby und Frank ziemlich herum blödelten. Als ein Singhalese oben ohne, mit Zinkeimer in der Hand (darin lag seine Oberbekleidung) des Weges kam und ich Frank fragte, wo er her kommt, war es ganz aus und wir lachten nur noch. Frank meinte, er käme vom duschen.

Unsere restliche Heimfahrt fand dann im dunklen statt. Eine Straßenbeleuchtung gibt es in Sri Lanka nicht, viele Autos fuhren ohne Licht oder hatten nur den Blinker an. Zwischendrin liefen Kühe nach Hause und für uns war das ziemlich befremdlich. Aber gegen 19.30 Uhr kamen wir heil in unserem Hotel an, wo wir gleich die Bar stürmten. Da wir unsere ganzen Rucksäcke und Einkaufstütchen mit hatten, wurden wir vom Hotelmanager ziemlich komisch beäugt, damit wir auch ja nichts den Angestellten schenken. Nach dem Abendessen gab es dann noch ein paar Cocktails und dann ging es auch ins Bett.

Bis zum Samstag war unsere Zeit geprägt vom nichts tun, außer Essen, trinken, mit Bobby in die Kneipe gehen. Zwischendrin versüßte uns der Animateur namens Lacky die Zeit. Wir spielten Boccia und Dart, später auch Volley- und Wasserball, was zu einigen Verletzungen und zur allgemeinen Belustigung einer Gruppe von Chinesen geführt hat.

Wir lernten noch zwei nette deutschen Paare kennen, Manuela & Heiko, Frank & Bettina. Außerdem ist im Hotel noch ein reicher, mit Gold behangener Holländer namens Ron abgestiegen. Wir alle zusammen, ein netter Haufen, haben viele schöne Stunden miteinander verbracht.

Donnerstag Abend sind wir nach Barschluss wieder mal mit Bobby und Frank in die Kneipe gegangen. Als wir gegen 2.30 Uhr morgens im Hotel waren und wir uns trennten, verfolgte mich ein Angestellter im blauen Overall. Ich drehte mich nur schnell um, sah in sein Gesicht, und dann habe ich zugesehen, dass ich in mein Zimmer komme. Der Mann klopfte hartnäckig an meiner Zimmertür, natürlich habe ich nicht aufgemacht. Ich habe mich noch komplett angezogen auf mein Bett gesetzt und die Rezeption angerufen. Auf Englisch habe ich dem Rezeptionisten klar gemacht, dass da jemand an meine Tür klopft und jemand nachschauen soll. Es klopfte noch ein Weilchen, dann war Ruhe. Gegen 5 Uhr morgens wurde ich wieder von klopfen geweckt. Meine Nachtruhe war also dahin, seit dem habe ich nur noch mit Licht und Haarspray an der Tür geschlafen, da ich der Meinung war, dass Haarspray in den Augen für das erste kampfunfähig macht. Freitag morgen bin ich ziemlich angeschlagen zum Frühstück gegangen und erzählte es auch gleich Ute und Gerd, die es gar nicht glauben konnten. Ute berichtete mir danach von ihrer nächtlichen Kakalakenjagd, davon bin ich zum Glück im ganzen Urlaub verschont geblieben.
Abends habe ich diese Geschichte dem Hotelmanager erzählt. Dieser war empört und hat sich sogleich gekümmert. Er ließ zwei Männer im blauem Overall antreten, den zweiten identifizierte ich als den Klopfer. Den nächsten Tag erzählte mir der Manager, dass der Angestellte alles zugegeben hat und das er ihm fristlos gekündigt hat.

Samstag Nachmittag, gegen 17 Uhr, machten wir uns (Ute, Gerd, Manuela, Heiko und ich) auf den Weg zum Samstagsmarkt in Negombo. Der Fußmarsch dahin war schon ein wenig abenteuerlich. Gerd wurde unterwegs von einer Horde Kinder umringt, die Geld und Kugelschreiber von uns haben wollten. Kugelschreiber hatten wir keine dabei und Geld soll man den Kindern nicht geben, weil sie sonst die Schule schwänzen könnten, wenn sie merken, dass man mit betteln schnell etwas verdienen kann. Gerd machte den Kindern klar, dass er nichts habe. Da wollte ein kleiner Junge ihm sein Armband schenken. So viel Herzenswärme gegenüber Fremden, die auch noch eine andere Hautfarbe haben, wird man hier in Deutschland nirgends finden.
Unser Weg führte uns über den Zimtkanal, wofür uns auch schon Ausflüge angeboten wurden. Der Kanal war ziemlich schmutzig und es wimmelte von Booten, angeblich soll man bei einer Bootstour ziemlich viele Tiere sehen, aber wir verzichteten darauf.
Nach langer Lauferei haben wir es in die Innenstadt geschafft, wo wir auf der Straße liefen, da die Fußwege mit Waren vollgestellt waren. Da wir nicht wussten wo der Markt ist, fragten wir einen Polizisten, der uns freundlich weiterhalf. Als erstes stießen wir auf einen Markt, der täglich stattfindet. Es gab alles mögliche an Klamotten, Taschen usw. Manuela und Heiko haben auch gleich zugeschlagen. Ein Verkäufer erklärte uns dann, dass dies der tägliche Markt sei und führte uns zum Samstagsmarkt. Als wir zum Eingang hineinkamen, hat es uns bald die Sprache verschlagen. Als erstes sahen wir vor uns eine riesige Menschenansammlung. Links von uns war nur in Bergen Obst und Gemüse zu sehen, zwischendrin hockten die Händler und brüllten irgendetwas, was wohl zum kaufen animieren sollte. Ab da ging es nur noch im Schritttempo, eingereiht in einer Schlange von Einheimischen weiter. Man konnte absolut nicht stehen bleiben und das ganze Geschrei und Gedrängel war ziemlich nervig. Europäer würden wohl auf diesem Markt nie etwas kaufen, hier lag ein Berg gebrauchter, aber nicht mehr schön aussehender Schuhe, da lag ein 6-er Pack rosa Schlüpfer für umgerechnet 1 € und die restlichen Sachen waren wohl in Europa noch nie modern gewesen. Ich für meinen Teil war froh, als wir aus diesem Gedränge wieder raus waren. Der Händler vom Anfang war immer noch da und führte uns noch durch die Stadt, zum Werksverkauf von Benson & Hedges, da uns die Zigaretten ausgegangen waren, und noch in zwei Kaufhäuser. Nach ein paar Geldscheinen verlies er uns dann und wir gingen noch mal zurück zum täglichen Markt. Ute und ich, wir schauten nach Sachen für uns, stellten aber fest, dass es alles nur in kleinen Größen gab, die bei uns nur Kinder tragen, in Sri Lanka die Erwachsenen, da sie dort alle ziemlich schmal sind. Gerd und Heiko kauften sich noch ein paar T-Shirts, wo wir ewig feilschten, weil die Verkäufer beim “reichen” Touristen mal wieder einiges auf den eigentlichen Preis drauf geschlagen hatten. Da es schon dämmerte, in Sri Lanka ist es um 19 Uhr dunkel, machten wir uns auf den Weg und suchten uns ein Tuk Tuk, mit dem wir dann zurück ins Hotel fuhren. Tuk Tuks sind motorisierte Rikschas, wo vorn der Fahrer sitzt und hinten bis zu drei Personen rein passen. Diese Fahrzeuge sehen nicht gerade vertrauenserweckend aus und bei einem Unfall hätte man wohl verloren, da es keinerlei Knautschzonen gab und das bisschen Blech sowieso nichts aushält. Wir hatten auf der Fahrt jedenfalls großen Spaß, erst recht, weil wir ein schnelleres Tuk Tuk hatten als Manuela und Heiko, außerdem standen bei ihrem die Räder ein wenig merkwürdig auseinander.
Im Hotel führte uns der erste Weg natürlich an die Bar. Eigentlich wollten wir erst nach dem Abendessen duschen und uns fein machen, da abends Disko stattfinden sollte. Aber den Gedanken haben wir schnell wieder verworfen. Das Buffett für das Abendessen war draußen aufgebaut worden, alles war schön angestrahlt, selbst die Palmen waren in verschiedenen Farben beleuchtet. So haben wir nach dem duschen in sehr schöner Atmosphäre zu Abend gegessen. Später ging dann auch die Disko los, Ute konnten wir gar nicht zurückhalten, sie war eine der ersten auf der Tanzfläche, was auch sehr schön aussah, da sie nicht so steif wie die anderen vor sich hin trippelte. Ich für meinen Teil musste mir noch ein wenig Mut antrinken und konnte dann später auch mittanzen. Wir drei Mädels haben dann noch alle möglichen Leute auf die Tanzfläche geholt, Bobby & Frank und selbst die Hotelmanager mussten daran glauben. Zwischendrin erklärte uns Bobby, dass wir Montag um 12 Uhr mit dem Wagen vom Bürgermeister abgeholt werden um das Gefängnis von Negombo zu besichtigen. Leider war gegen 23.30 Uhr schon wieder Schluss, die Musik wurde ausgemacht und zu trinken gab es auch nichts mehr, also ging es mit Bobby und Frank mal wieder in die Kneipe. Ute und ich wurden wegen unserer “Discooutfits” gleich von einigen Einheimisch angelacht, aber wir hatten ja unsere Bodyguards mit. Der Abend endete dann nach Gin und Arrack, Käse und Pommes gegen zwei Uhr. Dies sollte unser letzter Besuch im “Sea Food” sein.

Sonntag, den 17.09.2006, war wieder relaxen und Pläne schmieden angesagt, die nächsten drei Tage waren auf einmal komplett ausgeplant.

So standen wir Montag, den 18.09.2006, um 11.15 Uhr am Hoteleingang und warteten auf Frank, der mit uns ins Gefängnis fahren sollten. Zwischenzeitlich erzählte uns ein Hotelgast namens Reinhold, dass gerade im Radio kam, dass drei Touristen das Gefängnis von Negombo besichtigen, ich weiß bis heute nicht, ob ich das glauben soll. Mit etwas Verspätung kam dann Frank und ein Fahrer im Wagen des Bürgermeisters angefahren und mit etwas mulmigen Gefühl in der Magengegend ging es auch gleich los.
Von außen sah das Gefängnis aus wie ein altes Fort, davor stand eine riesige Menschenmenge, die Gefangene besuchen wollten. Wir konnten gar nicht lange nachdenken, da ging auch schon die Tür auf und wir wurden hereingelassen. Der erste Weg führte uns zum Anstaltsleiter, uns schlug ein fürchterlicher, süßlicher Geruch entgegen. Bevor wir zu der Bürotür gelangten, mussten wir erst einmal einen Schuttberg überqueren. Das Büro war ziemlich stickig und die nächsten 20 Minuten waren eine ziemliche Qual für mich, nach einigen Minuten hatte ich leichte Panik und wäre am liebsten wieder gegangen. Wir gaben dem Anstaltsleiter die Hand und begrüßten ihn. Ute und ich nahmen genau vor seinem Schreibtisch Platz, hinter uns saßen Gerd, Frank und zwei andere Einheimische in Anzügen. Ich kam mir mit meiner ¾ Jeans und Cap auf dem Kopf ziemlich blöd vor, aber beim Koffer packen wusste ich ja nicht, dass ich hochoffiziell ein Gefängnis in Sri Lanka besuchen werde.
Dann fing der unangenehme Teil an, der Anstaltsleiter quetschte mich über meine Person aus. Er wollte sogar meine Amtsbezeichnung in englisch wissen, ich wusste das nicht, hilfesuchend schaute ich zu Ute, aber die beiden sprechen kein Englisch. Er hat es dann gut sein lassen. Ich musste noch meine Telefonnummer und meine Email-Adresse aufschreiben. Dann brachte noch jemand Tee, als die Tassen halb leer waren, ging es auch schon mit der Besichtigung los. Es war wie eine andere Welt und hat mit den Gefängnissen in Deutschland überhaupt nichts zu tun. Die Gefangenen stellten sich alle an den Rand, so als hätten sie Angst. Sie schauten nach unten, was ich auch tat, da ich niemanden von den armen, dünnen und zerlumpten Kreaturen in die Augen schauen konnte. Der Officer führte uns in die Küche, wo wir schon beim hereintreten die Nase rümpften. Was wir da sahen, war unglaublich. Hygienevorschriften scheint es dort jedenfalls keine zu geben. Gekocht wurde am offenen Feuer, alles war schmutzig und die Gefangenen, die dort kochten, ebenfalls. Der Officer hob eine Plane an, darunter war gekochter Reis, von dem sich als erstes ein Fliegenschwarm erhob. Angewidert verließen wir den Raum. Als nächstes wurde uns das Büro der Sozialarbeiter gezeigt, danach ging es in einen Zellenbau für die männlichen Gefangenen. Die waren total zusammengepfercht. Die Gefangenen schlafen zu sechst in einem ca. 2,5 m² großen Raum, ohne Bett. Sie liegen darin wie Ölsardinen. Es gab keine Schränke. Die Habseeligkeiten hangen verpackt in Plastiktüten an einem Haken vor den kleinen Räumen. Im Gang war ein Fernseher für alle aufgestellt, am anderem Ende des Ganges stand ein großes Wasserfass, wo sich die Gefangenen waschen konnten. Wir standen geschockt im Gang, die Gefangenen beäugten uns argwöhnig und ich stellte dem Officer einige Fragen. Zugleich erzählte ich ihm von deutschen Gefängnissen, er konnte nur lachen, als ich ihm erklärte, dass bei uns die Gefangenen zweimal im Monat einkaufen könnten. Wir verließen den Raum und er führte uns noch eine andere Gefangenenunterkunft, wo uns sofort ein Weißer auffiel, der schnell sein T-Shirt anzog, als wir den Raum betraten. Nach kurzer Funkstille fing dieser Gefangener an deutsch mit uns zu reden. Er war fix und fertig und fragte, wie wir hier reingekommen seien. Es scheint, als wären wir die ersten weißen Besucher in diesem Gefängnis gewesen. Man merkte ihm an, dass er froh war mal wieder deutsch mit jemandem reden zu können. Wir fragten ich, warum er hier sei. Er meinte, dass er angeblich einen Singhalesen aus dem Land schmuggeln wollte, der bis dato nicht gefunden wurde. Seit 7 Monaten harrte er schon dort aus, nun hätte sich die Botschaft eingeschalten. Gerd fragte ihn, wie er es dort aushalte, er sagte, er stelle sich immer vor, er sei in einem Jugendcamp. Der Officer hat uns nicht einmal während unseres Gespräches unterbrochen, wir hätten ja sonst etwas reden können, er verstand ja nichts. Wir verließen den Raum und er zeigte uns als nächstes die Krankenstation. Dort standen sogar Betten, die ihre Zeit allerdings auch schon lange erlebt hatten. Die Krankenstation wäre zu klein für die hohe Gegangenenanzahl und auf meine Nachfrage hin meinte der Officer, das monatlich 1 Gefangener stirbt. Hinter uns war immer der Deutsche, der irgendwann meinte, wenn wir schon mal hier seien, sollten wir uns unbedingt eine Gerichtsverhandlung ansehen, wie es da zu geht und wie korrupt die Richter hier sind. Danach liefen wir weiter in Richtung Innenhof. Dort stand eine Traube von Gefangenen um einen Brunnen herum. Sie wuschen sich, in dem sie einen Eimer den Brunnen herab ließen, ihn wieder herauf holten und sich mit dem Inhalt begossen. Mit einem Seil streiften sie sich den Rücken ab, damit auch dieser sauber wurde.
Im Gefängnis gab es noch 3 Kirchen, die katholische, muslimische und buddhistische. Wir hätten die muslimische besichtigen können, aber wir waren dafür nicht richtig gekleidet. An dieser Stelle war unsere Besichtigung im Männerhaus beendet und wir warteten, bis uns jemand das Gatter öffnete. Der Deutsche war immer noch da und sagte: “Die sperren hier sogar Kinder ein.” Als das Gatter geöffnet wurde, verabschiedeten wir uns von dem Deutschen und wünschten ihm alles Gute. Es war makaber, er wünschte uns noch einen schönen Urlaub. Es fiel uns schwer ihn dort so zurück lassen zu müssen.
Als nächstes wurden uns die Besuchsräume gezeigt. Die Gefangenen standen hinter vergitterten Fenstern, davor die Besucher. Der diensthabende Beamte kontrollierte mitgebrachte Lebensmittel, als es ihm zu laut wurde, brüllte er und schlug mit einem Stock auf die Holzverkleidung.
Wir gingen zur Pforte wieder heraus, dort empfing uns der stellvertretende Anstaltsleiter, mit dem wir kurzen Small Talk hielten. Danach führte man uns in das Frauenhaus. Dabei wurden wir nur noch von dem weiblichem Officer begleitet, die vorher die ganze Zeit hinter uns gelaufen ist. Wir gingen eine Treppe hinauf, wo zu erst lauter kleine Kämmerchen waren. Es lag ein Baby auf dem blanken Fußboden, nur mit einem Moskitonetz bedeckt, ein fürchterlicher Anblick. Danach wurden wir in einen kleineren Saal geführt, alle Gefangenen standen sofort auf und stellten sich an die Wand. Man zeigte uns sogar die “sanitären” Anlagen, die aus drei Kabinen ohne Tür mit jeweils einem großen Loch im Boden bestanden. Auf meine Frage hin, ob hier auch eine Deutsche sei, gab es eine Verneinung. Dann ging es wieder zurück an dem auf den Fußboden liegendem Baby vorbei, was einen Krampf in der Herzgegend bei mir auslöste. Als wir vor der großen Eisentür vom Frauenhaus standen, kam auf einmal eine ältere Gefangene mit Schlüssel und sperrte uns die Tür auf. Ich fragte verwundert, warum eine Gefangene hier einen Schlüssel hat. Der Officer erzählte uns, dass die Gefangene schon 14 Jahre da sei und ihr vertraut wird. Im selben Augenblick wurde das Mittagessen für die Frauen geliefert. In zwei Eimern befanden sich einmal Reis und in dem anderem aufgeschlagene, rohe Eier. Wir verabschiedeten uns von unserer Führung und bedankten uns. Tief bewegt verließen wir das Gefängnis, so was haben wir noch nie gesehen und werden wir nie wieder sehen. Dort eingesperrt zu sein ist ein nicht endend wollender Albtraum.

Draußen kauften wir uns etwas zu trinken, Frank meinte zu mir, ich hätte das nun alles gesehen und mir einen Eindruck verschafft, ob ich vielleicht nicht irgendetwas tun könnte. Aber wie soll man den armen Leuten darin helfen? Ich bin mir sicher, wenn man finanzielle Hilfe leistet, landet das Geld überall, wahrscheinlich in den Taschen der Gefängnisangestellten, aber nicht bei den vor sich hinvegetierenden Leuten darin.

Wir marschierten mit Frank an einem Hafen vorbei, wir sollten noch kurz zum Bürgermeister ins Büro. Für den restlichen Weg nahmen wir uns ein Tuk Tuk. Beim Bürgermeister angekommen, standen etwa 20 Singhalesen vor seinem Schreibtisch, die alle etwas von ihm wollten. Der Bürgermeister hat dort alles selbst zu genehmigen, von der Fischererlaubnis bis zum Häuserbau. Wir sollten uns hinsetzen und bekamen etwas zu trinken, wobei wir uns ziemlich blöd vorkamen, da die Wartenden bestimmt auch Durst hatten. Irgendwann schickte der Bürgermeister alle Leute raus und wir nahmen an seinem Schreibtisch Platz. Er fragte uns wie es war, und ich sagte ihm: “unglaublich”. Unser Gespräch dauerte nur zwei Minuten, da er sehr beschäftigt war und abends kurz im Hotel vorbei kommen wollte. Frank brachte uns mit Fahrer und Bürgermeisterwagen zurück ins Hotel. Es war gerade Mittagessenszeit, ziemlich lustlos stocherten wir in unserem Essen herum und erzählten zwei deutschen Hotelgästen von unserem Erlebnis.

Abends kam dann noch Bobby ins Hotel, der mit Manuela und Heiko auf Tour gewesen war. Wir erzählten ihm von unserem Erlebnis. Der Bürgermeister war auch da, er aß nur hastig ein paar Bissen und war gleich wieder verschwunden, er scheint 20 Stunden am Tag zu arbeiten. Seit der Gefängnisbesichtigung habe ich keine Nacht mehr ruhig geschlafen und habe manchmal schlecht geträumt. Ich hatte Angst, Sri Lanka nie wieder zu verlassen und dort zu enden, was ich gesehen habe. Zu oft hat man in den Medien gehört, dass Touristen Sachen in den Koffer gelegt und sie eingesperrt worden sind. Und dann muss man erst mal die Unschuld beweisen bzw. eine sehr hohe Summe an den Richter zahlen.

Dienstag, den 19.09.2006, ging es erheblich ruhiger zu. Wir wurden um 14 Uhr von Bobby und Frank abgeholt, Ayurveda stand auf dem Plan. Wir fuhren durch halb Negombo, irgendwann ließen wir die Blechhütten der Armen hinter uns und befanden uns in einer noblen Gegend, wo eine Villa an der anderen stand. Im Ayurveda-Salon wurden wir schon erwartet, uns wurden alle Räumlichkeiten gezeigt. Wir drei Mädels waren ziemlich skeptisch, bzw. Ute und ich, denn es gab nur männliche Masseure und eigentlich waren wir wegen einer Ganzkörpermassage her gekommen. Fürs erste weigerten wir uns massieren zu lassen, auf der Preisliste sahen wir dann, dass es auch eine Kopf-Nacken-Schulter-Massage gab und machten wenigstens das. Gerd ging mit Manuela in einen Raum, ich mit Ute. Wir mussten das Oberteil ausziehen, dann wurde uns warmes Öl auf den Kopf gegossen und eine dreiviertel Stunde massiert. Ich fand es ein bisschen schade, dass wir nicht in den Genuss einer Ganzkörpermassage gekommen sind, aber die beiden Masseure haben uns so schon genug angestarrt, was mir nicht entgangen ist. Total verschmiert und wie “Jimmy-Klitschi” aussehend, sind wir zurück ins Hotel gefahren. Wir dachten eigentlich, dass wir danach zu Bobby nach Hause fahren, da wir unbedingt seine Frau kennen lernen wollten, aber daraus wurde nichts. Er war schon wieder unterwegs, irgendwelche Japaner vom Flughafen abholen.

An diesem Abend ging es für mich zeitig ins Bett, denn Mittwoch Morgen läutete um 5 Uhr das Telefon zum wecken, der Trip nach Galle stand auf dem Programm.
 
sehr schön geschrieben suse
wenn man einem das erzählt hat derjenige keine vorstellung
das mus man selbst erlebt haben.
bin gespannt wie's weitergeht

lg. hanni
 
Danke Hanni. :) Viel kommt dann aber nicht mehr, ich muss mich endlich mal hinsetzen und zu Ende schreiben.
 
Hallo Suse,

Deinen Bericht habe ich mit Interesse gelesen und fand ihn sehr informativ.
Allerdings möchte ich Dir empfehlen, Dir etwas "Hornhaut auf der Seele" wachsen zu lassen, um das alles besser zu verkraften.
Na ja, Du bist noch jung und sensibel, wenn Du öfters nach Sri lanka fährst wirst Du auch etwas abgehärteter.
Wenn Du gewußt hättest wie der normale Srilanker so lebt, dann wärst Du vom Gefängnis nicht so überrascht gewesen, denn die meisten Leute leben in Freiheit auch nicht viel luxeriöser.
 
Ich habe es ganz gut verkraftet, es waren ja nicht das erste mal, dass ich Armut gesehen habe. In der DomRep oder in Ägypten war es oft nicht anders.

Was aber für mich den Unterschied ausmacht, sind die Menschen.

Es ist völlig normal, dass man einen freundlichen, lächelnden Armen nicht vergisst als einen,.... Mir fehlen einfach die Worte.
 
Suse schrieb:
Zu oft hat man in den Medien gehört, dass Touristen Sachen in den Koffer gelegt und sie eingesperrt worden sind. Und dann muss man erst mal die Unschuld beweisen bzw. eine sehr hohe Summe an den Richter zahlen.


Diese Meldung, die schon des Öfteren durch die Presse geisterte, halte ich schlichtweg für eine Legende, die als Schutzbehauptung von Leuten erfunden wurde, die Drogen transportiert und dabei erwischt wurden.
Welchen Sinn sollte es denn machen, jemanden den man überhaupt nicht kennt, ein (teures) Drogenpäckchen in den Koffer zu schmuggeln ?
Normalerweise räumt doch jeder seinen Koffer vor der Abreise auf, dabei würde er das Paket entdecken.
Selbst wenn das Paket unendeckt bleibt und doch nach Deutschland bzw. Europa gelangen sollte, stellt sich die Frage, wie der (eigentliche) Besitzer wieder an seinen "Schatz" kommen sollte ?
Klingelt er dann einfach beim Besitzer des Koffers und fordert sein Paket zurück ?
Eine solche Verfahrensweise beinhaltet derartig viele Unwägbarkeiten für den (eigentlichen) Besitzer der Drogen, sodaß er wohl diesen Weg nicht einschlagen wird um sein teures Gut zu transportieren.
Auch wenn die Geschichte immer wieder kolportiert wird, halte ich sie doch für wenig glaubwürdig.

.
 
Das sehe ich genauso und halte diese Geschichten für die Erfindung und Schutzbehauptungen erwischter Drogenkuriere sowie deren Rechtsanwälte.
Suse ist vom Fach und weiß daher auch sicher daß 80% der Gefängnisinsassen zu unrecht verurteilt wurden. :wink:
 
hallo allen ins forum.

als erstes danke ich suse für ihrern sehr schönen reisebericht. gefällt mir und ich würde mich freuen, wenn du weiter so berichtest.

den anderen möchte ich eine frage stellen.

warum kann jemand nicht seine eigenen erfahrungen schreiben, seine empfindungen ausdrücken, wie er es eben empfunden hat ? menschen sind sehr unterschiedlich und gerade dieses macht den mensch doch aus.
ich würde mich persönlich über mehr solcher berichte freuen und hoffe, wir kommen zum eigentlich thema zurück.
 
hallo suse,

danke für deinen bericht. da ich sl ein wenig kenne, habe ich vieles lebhaft vor augen beim lesen :D
sehr beeindruckt hat mich natürlich dein erlebnis im gefängnis. so, wie du es schilderst, hätte es bei mir sicher auch alpträume verursacht.
ein toter im monat, das baby, die küche...
das sind einfach unglaubliche zustände, aber wie du schon schreibst, wie könnte man da helfen??? das geld würde nicht da ankommen, wo es hin soll und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die haftbedingungen geändert werden, auch wenn proteste von aussen kommen. traurig aber wohl wahr!

freue mich schon auf teil 2.

l.g. biggi
 
Hm, wie unser Admin schon geschrieben hat, es waren meine Empfindungen. Vielleicht habe ich mich auch schlecht ausgedrückt, aber ich hatte das Gefühl, dass der Anstaltsleiter doch ein wenig enttäuscht war, dass ich nur ein kleines Glied in der Kette bin. Mir war nicht sehr wohl in diesem Büro. Hinzu kam noch, dass es diese nächtliche mysteriöse Klopferei an meiner Zimmertür gab. Ich war allein und ich denke, da wäre sogar einem Mann komisch geworden. Außerdem habe ich mich immer irgendwie beobachtet gefühlt. Keine Ahnung, vielleicht hätte man auch ein kleines Päckchen reinlegen können um mir den Mund zu stopfen? Vielleicht geht da meine Phantasie mal wieder mit mir durch, aber auch dieser eingesperrte Deutsche sprach von Korruption im Richtersaal.

Ich meinte mit meiner Aussage auch nicht, dass alle die ein Päckchen im Koffer hatten, so unschuldig sind wie sie dann taten.

Aber wenn ich ehrlich bin, bei keinem Urlaub habe ich meine Koffer vor dem Abflug durchsucht. Deckel auf, Klamotten rein, fertig. Bis dahin jedenfalls.

Aber in Deutschland kann man frei seine Meinung äußern und auch Empfindungen der jeweiligen Menschen unterscheiden sich. Meine waren damals so, deswegen ist es ja auch mein persönlicher Reisebericht. Kritiken sind natürlich trotzdem erwünscht.

Und wenn einer Bauchweh hat, dann müssen es nicht automatisch alle haben, die mit am Tisch sitzen.

So, und Teil II kommt bald auch noch. :wink:
 
Biggi schrieb:
hallo suse,


das sind einfach unglaubliche zustände, aber wie du schon schreibst, wie könnte man da helfen??? das geld würde nicht da ankommen, wo es hin soll und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die haftbedingungen geändert werden, auch wenn proteste von aussen kommen. traurig aber wohl wahr!



l.g. biggi

Ich befürchte, dass wir hier alle dafür zu klein sind den Menschen zu helfen. Ich bin der Meinung, dass Menschen trotz Vergehen trotzdem Menschen sind und auch so behandelt werden sollten. Ich praktiziere das jedenfalls so.

Ich habe so oft mit Bekannten und Kollegen über dieses Thema gesprochen und irgendwie auf Hilfe gehofft, auch was meine Bekannten in Sri Lanka betrifft. Entweder sind sie dem Thema ausgewichen oder haben geschwiegen. Leider...

Das ist eigentlich das, was mich total an unserer Gesellschaft nervt, dass jeder nur an sich selbst denkt. Leider...
 
ich kenne das auch, alle Reden von Hilfe und da muß man was machen :!: . .....ich sage selbst ist der Mann.... wir haben jetzt 5 Patenkinder und helfen 2 Familien je mit 3 Kinder.
 
Reisebericht

Hallo Suse,

Ich danke dir für deinen Reisebericht, da ich jetzt den Mut habe bald meinen eigenen Reisebericht zu schreiben.
Auch ich habe viele Menschen in Sri Lanka kennengelernt und einige
persönliche Schicksale kennengelernt.
Aber ich habe auch viele wertvolle Situationen erfahren dürfen und
liebenswerte Menschen kennengelernt.
Ja, ich darf sogar sagen, ich habe Freunde in Sri Lanka und ich finde mich sehr verbunden mit ihnen!!!

Liebe Grüße aus Köln
Inga
 
bitte...

...schreib weiter so wie du fühlst und nicht wie manche es gerne lesen würden! ich kann mir jedenfalls beim lesen alles bildlich vorstellen und deine gefühle nachempfinden.
stelle es mir horrormäßig vor mit dem klopfer an der tür :shock:

und - ja es wäre schön, wenn von anderen mehr resonanz und hilfe käme, ich mache auch die erfahrung, dass sie nur sagen: mutig und bewundernswert was du da machst, aber ....
wir suchen paten für studenten, mit 20 Euro im Monat ja eigentlich nicht wirklich 'teuer' (gerade mal etwa 4 kippenschachteln, und für max. drei jahre) aber...
immer nur: man sollte, man müsste, aber konkret wird fast keiner, warum?? sind alle schon so abgebrüht? :(
wir haben eine familie die wir unterstützen und der wir gerade ein haus bauen und dann noch zwei studenten - für mehr reichts einfach momentan nicht. was gäbe ich für einen lottogewinn!!! :roll:

ich freu mich auf deine fortsetzung!
 
Danke ihr Lieben. :wink:

@Inga: Ich würde mich freuen, wenn du auch deinen Reisebericht einstellst. In welcher Ecke leben denn deine Freunde?

@Bea: Ich denke, dass du mit deiner Patenschaft schon einiges mehr tust, als die restlichen 98 Prozent der deutschen Bevölkerung. So dumm es auch ist, allen helfen kannst du leider nicht.

Aber mich ärgert das auch total. Manchmal frage ich mich schon, wie man nur so egoistisch sein kann. Wenn man hier in Not gerät, dann wird man von dem sozialen Netz einigermaßen aufgefangen. Was wäre, wenn es dies in Deutschland nicht gäbe? Vielleicht würden die es am eigenen Leib erfahren haben anders denken und auch ein Herz für die Armen haben? Vielleicht sind wir alle zu sehr vom Leben verwöhnt, da schließe ich mich nicht aus.
 
Hallo.

Ich denke, dass du mit deiner Patenschaft schon einiges mehr tust, als die restlichen 98 Prozent der deutschen Bevölkerung. So dumm es auch ist, allen helfen kannst du leider nicht.

Aber mich ärgert das auch total. Manchmal frage ich mich schon, wie man nur so egoistisch sein kann.

Also ich finde ganz so einfach sollte man es sich nicht machen. Die Deutschen sind im Allgemeinen schon ein sehr "Spendenfreudiges" Volk.
Man erinnere sich daran, wie kurz nach dem Tsunami in Deutschland gespendet wurde. So etwas gab es noch nie... sie sind also keineswegs egoistisch. Hier in D wird sowieso keine Gelegenheit ausgelassen um auf die Tränendrüse zu drücken damit der Bürger seinen Geldbeutel herausholt. Da muß man dann auch verstehen daß es für viele, der sowieso schon stark gebeutelten Deutschen, nicht möglich ist für jede einzelne der vielen Tausend Hilfsorganisationen extra zu spenden. Dann gibt es auch noch sehr viele Menschen hier, die direkt vor Ort helfen oder Patenschaften übernehmen. Da findet diese Hilfe eher im Stillen statt, ohne daß es groß an die Glocke gehängt wird oder man damit prahlt.
Wenn man auf der anderen Seite sieht was mit diesen Spenden dann so alles passiert, wenn man zusehen muß wie man die Gelder aus dem Fenster wirft und zum Teil sogar veruntreut, so habe ich auch Verständniss dafür, daß die Spendenbereitschaft so allmählich nachlässt.
Zu diesem Thema sind hier im SLB auch schon einige Berichte erschienen.
 
jaaaaaaaa...

hallo suddu_aiyya

hier ging es eigentlich nicht um die generelle spendenbereitschaft der deutschen, sondern mehr um unser konkretes umfeld.
ich weiß auch wieviel nach tsunami gespendet wurde und was zum teil :!: mit den geldern passiert ist - nämlich im besten :?: fall nichts.
es wird viel zuwenig darüber berichtet, wo die gelder hingeflossen sind, oder immer noch auf der bank den organisationen horrende zinseinnahmen bringen, man müsste bei den menschen ein bewusstsein dafür wecken, dass es besser ist langfristig im kleinen zu helfen, als einmalig bei einer katastrophe.

ich meinte, denke auch suse, dass für unsere konkreten fälle keiner wirklich bereit ist zu helfen, obwohl das geld ganz sicher zu 100% da ankommt wo's hin soll und in meinem fall fast alle mehr als genug geld haben... wenn du siehst was für autos sie fahren und wieviel geld sie in den tank stecken... egal, jeder ist seinem gewissen selbst verantwortlich.
 
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