srilanka1998
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COLOMBO
Einsatz gegen Tamilen-Rebellen in Sri Lanka
Bei einer Grossfahndung nach tamilischen Rebellen haben sri-lankische Sicherheitskräfte mehr als 900 Menschen festgenommen. Rund 4400 Polizisten und Soldaten beteiligten sich an dem Einsatz in den frühen Morgenstunden.
Sie durchsuchten dabei in einem vornehmlich von Tamilen bewohnten Stadtteil der Hauptstadt Colombo zahlreiche Häuser, wie ein ranghoher Polizeivertreter mitteilte. Weite Teile der Stadt seien stundenlang abgeriegelt gewesen. Die Festgenommenen würden derzeit überprüft.
In den vergangenen Wochen war die Gewalt zwischen Regierung und den tamilischen Rebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) erneut eskaliert. Allein in diesem Monat kamen bei Gewalttaten 83 Menschen ums Leben. Internationale Beobachter fürchten, dass in dem südasiatischen Land erneut ein Bürgerkrieg ausbrechen könnte.
Die LTTE kämpft seit 1972 für einen unabhängigen Tamilenstaat im Nordwesten Sri Lankas. In dem Konflikt wurden mehr als 60 000 Menschen getötet. Die Friedensgespräche stecken trotz eines im Jahr 2002 ausgehandelten Waffenstillstandes in der Sackgasse.
In Sri Lanka droht ein neuer Krieg
Warnung vor einem Zusammenbruch des Waffenstillstands. Norwegen kündigt neuen Vermittlungsversuch an
BOMBAY taz
In Sri Lanka wächst die Gewalt. Im Dezember forderten Anschläge, politische Morde und Überfälle 83 Tote. Am Donnerstag warnte deshalb die Überwachungskommission für den seit Februar 2002 gültigen Waffenstillstand vor einem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs, sollten Regierung und Tamilenrebellen nicht bald neue Verhandlungen aufnehmen: "Wenn der Trend zur Gewalt weitergeht, könnte der Krieg nicht mehr fern sein," sagte der norwegische Kommissionschef Hagrup Haukland.
Noch gibt es Hoffnung. So kündigte Norwegens Entwicklungshilfeminister Erik Solheim, der 2002 den Waffenstillstand ausgehandelt hatte, eine Reise nach Sri Lanka für Ende Januar an, um den festgefahrenen Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Und gestern trafen sich fünf Bischöfe aus verschiedenen Regionen Sri Lankas mit dem politischen Sprecher der Rebellenorganisation LTTE, S. P. Thamilchelvan. Schon früher hatten die Bischöfe Bedingungen für Friedensgespräche sondiert.
Die Gewalt zwischen Tamilenrebellen und Armee eskaliert seit den Parlamentswahlen im November. Am letzten Dienstag starben zwölf Soldaten durch eine Landmine. Am Wochenende zuvor wurde der 71-jährige tamilische Parlamentsabgeordnete Joseph Pararajasingham in der Hafenstadt Baticaloa von Unbekannten erschossen. Am 23. Dezember fuhr ein Militärbus im Nordwesten auf eine Mine und wurde anschließend mit Granaten beschossen. 13 Soldaten starben. Einen Tag später gab es ein offenes Feuergefecht zwischen LTTE-Kämpfern und Regierungssoldaten, das erste seit Beginn des Waffenstillstands.
Eine Woche zuvor war ein Armeehubschrauber über dem von der LTTE kontrollierten Norden und Nordosten abgeschossen worden. Kommissionschef Haukland warf den Rebellen einen "groben Verstoß" gegen den Waffenstillstand vor.
Am 17. November war der "Hardliner" Mahinda Rajapakse mit knapper Mehrheit zum Präsidenten gewählt worden, der weit reichende Exekutivgewalt besitzt. Rajapakse koaliert mit den kleineren Parteien JVP und JHU, die kompromisslos die singhalesische Mehrheit vertreten. Sie begrenzen seinen Verhandlungsspielraum, weil sie eine föderalistische Lösung ablehnen, die den Tamilen einen eigenen Bundesstaat im Norden und Nordosten zubilligen würde. Rajapakse präsentiert sich denn auch als "Unitarist", der die politische Einheit des Landes ganz im Sinne radikaler Singhalesen nicht antasten will. Die LTTE dagegen fordert die "Selbstbestimmung" von Sri Lankas Tamilen in einem eigenen Staat.
Während der vergangenen Woche der Gewalt verzeichnete die Börse in Colombo heftige Kursverluste. Für den heutigen Silvesterabend ruft die Nationale Antikriegsfront NAWF verschiedener Nichtregierungsorganisationen zu einer Mahnwache in Colombo auf. Ihre Forderung: Beide Seiten müssten die Verletzungen des Waffenstillstands einstellen und unverzüglich an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Der 20 Jahre währende Bürgerkrieg forderte rund 69.000 Tote.
Norwegen verstärkt Friedensbemühungen
Colombo. SDA/Reuters/baz.
Aus Sorge vor einem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs in Sri Lanka wird Norwegen im Januar einen Friedensvermittler in den asiatischen Inselstaat schicken. Er soll zwischen der Regierung und den Tamilen-Rebellen vermitteln.
Erik Solheim werde voraussichtlich am 23. Januar in das Land reisen, berichteten Diplomaten am Freitag. Die Spannungen zwischen der Regierung und der tamilischen Rebellenorganisation LTTE hatten zuletzt wieder zugenommen, nachdem bei Angriffen mutmasslicher Rebellen allein im Dezember 39 Soldaten getötet wurden.
Eine Lösung des Konfliktes scheint derzeit nicht in Sicht: Der neu gewählte Präsident Mahinda Rajapakse lehnt die Forderung der Tamilen nach einem eigenen Heimatland im Norden und Osten ab. Die Rebellen wiederum haben angekündigt, ihren bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen, sollte ihr Anliegen nicht umgesetzt werden.
Neu organisiert
In Sri Lanka war 2002 eine Waffenruhe ausgerufen worden. Sie beendete einen zwei Jahrzehnte dauernden Bürgerkrieg, in dem mehr als 64'000 Menschen starben. Beobachtern zufolge nutzten die Rebellen die Zeit, um sich neu zu organisieren.
Die Regierung hatte es bisher vermieden, auf die Angriffe der LTTE mit Vergeltungsschlägen zu reagieren und hofft stattdessen, dass die Europäische Union (EU) mit ihrer Drohung wahrmacht und die Rebellen als terroristische Organisation einstuft. Die EU zählt zusammen mit Norwegen und Japan zu den Geberländern Sri Lankas.
Schweizer Friedensengagement in Sri Lanka
swissinfo 27. Dezember 2005 09:59
Sri Lanka ist seit über 20 Jahren geprägt von einem ethnischen Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen. Die Schweiz engagiert sich für Frieden in dem Land.
Zwar hat Bern im Friedensprozess keine offizielle Rolle, doch hinter den Kulissen wird an der Friedens-Förderung mitgewirkt. Schlüsselfigur ist der ehemalige Journalist Martin Stürzinger.
"Advisor for Peacebuilding" steht auf der Visitenkarte von Martin Stürzinger. Er wohnt und arbeitet in Colombo und damit im wirtschaftlichen und politischen Zentrum von Sri Lanka.
Nicht mehr los gelassen
Seit Stürzinger im Jahr 1983 erstmals als Tourist die Insel bereiste, lässt sie ihn nicht mehr los. Nebst etlichen Artikeln hat er auch ein Buch über Sri Lanka geschrieben ("Tee, Tempel, Turmaline, Land der lauten und der leisen Töne"). Zudem war er Länderexperte für Sri Lanka bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH).
Seit Juni 2003 ist Stürzinger offiziell "Berater für zivile Friedensförderung" an der Schweizer Botschaft in Colombo. Das Aussenministerium, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), setzt diese Art von Spezialisten in ganz wenigen Konfliktregionen der Erde ein, darunter im Nahen Osten, in Mazedonien und Guatemala.
Konflikte im Vielvölkerstaat
Stürzinger engagiert sich in einem Staat, dessen komplexe Bevölkerungsstruktur für den Konflikt mitverantwortlich ist. 74% der rund 19 Millionen Einwohner sind buddhistische Singhalesen, die vor allem im Südwesten der Insel leben. Daneben gibt es 18,6% Tamilen, hauptsächlich Hindus, die im Norden und Osten leben. Muslime machen weitere 7% der Bevölkerung aus.
Als die Insel 1948 die Unabhängigkeit erlangte, gelang es der damaligen Regierung nicht, das fragile Gebilde des Vielvölkerstaats im Gleichgewicht zu halten. Die Beziehungen zu den Sri Lanka-Tamilen verschlechterten sich dauerhaft, als 1956 Singhalesisch als einzige offizielle Sprache in der Verfassung verankert wurde.
1972 gründete der damals 18-jährige Velupillai Prabhakaran die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE). Die Befreiungstiger forderten die Errichtung eines unabhängigen tamilischen Staates im Norden und Osten des Landes.
Tamilen-Diaspora in der Schweiz
1983 brach der Bürgerkrieg aus, nachdem ein Anschlag der LTTE zu einem Pogrom an der tamilischen Bevölkerung im Süden geführt hatte.
Seither sind der Gewalt etwa 65'000 Menschen zum Opfer gefallen, rund 1,5 Millionen wurden vertrieben oder flüchteten. Sowohl die Regierungsarmee wie die LTTE haben schwere Menschenrechtsverletzungen begangen.
Die Folgen des Konflikts werden auch in der Schweiz deutlich. Rund 35'000 Tamilen flüchteten hierher. "Dies erklärt auch, warum die Schweiz ein Interesse an der Konfliktlösung hat", sagt Stürzinger gegenüber swissinfo.
Ein Interesse hat die Schweiz, aber keine offizielle Rolle. Denn diese kommt Norwegen zu. Das 2002 in Kraft getretene Waffenstillstands-Abkommen zwischen der Regierung und der LTTE kam mit norwegischer Hilfe als "facilitator" (Mediator) zu Stande.
Wirken im Hintergrund
Die Schweiz wirkt im Hintergrund. So finanziert sie die Arbeit des Berghof-Zentrums für Konfliktforschung. Dieses berät srilankische Entscheidungsträger, wie sie Konflikte friedlich lösen können.
Tätig ist die Schweiz auch in Bezug auf die Menschenrechte. Die Projekte reichen von der Einhaltung der Anti-Folter-Konvention bis zum Unterhalt einer Bibliothek für Menschenrechte in Zusammenarbeit mit einer lokalen Nichtregierungs-Organisation (NGO). Insgesamt 1,45 Millionen Franken lässt sich der Bund sein politisches Engagement in Sri Lanka im Jahr kosten.
Besonderes Gewicht legt Stürzinger auf den Föderalismus und den Minderheitenschutz, sozusagen eine Kernkompetenz der Schweiz. Regelmässig reisen Politiker aus Sri Lanka in die Schweiz, um sich vor Ort über föderalistische Strukturen zu informieren. Oder Fachleute aus der Schweiz informieren in Sri Lanka zum Föderalismus.
"Wenn es eine politische Lösung für dieses Land gibt, dann liegt sie im Föderalismus", sagt Stürzinger.
Nicht zu pessimistisch
Und die aktuelle Situation? Nach dem Tsunami vom 26.Dezember 2004 keimte Hoffnung auf, die Naturkatastrophe könnte helfen, Gräben zu überwinden, und die verfeindeten Bevölkerungsgruppen zusammen zu schweissen. Inzwischen hat Ernüchterung dieser Hoffnung Platz gemacht. Sogar von einer Wiederaufnahme der Kämpfe und einem Ende des Waffenstillstands ist die Rede.
Auch die Wahl im November von Mahinda Rajapakse zum neuen Präsidenten Sri Lankas und die Rede von Prabhakaran zum "Helden-Tag" der Tigers (27.November) nährte Ängste auf ein Aufflammen des Bürgerkriegs. Stürzinger ist nicht so pessimistisch: "Der Waffenstillstand hat bisher gehalten. Nun muss alles daran gesetzt werden, dass die Regierung und die LTTE das Abkommen strikte einhalten und möglichst bald wieder Gespräche aufnehmen."
Einsatz gegen Tamilen-Rebellen in Sri Lanka
Bei einer Grossfahndung nach tamilischen Rebellen haben sri-lankische Sicherheitskräfte mehr als 900 Menschen festgenommen. Rund 4400 Polizisten und Soldaten beteiligten sich an dem Einsatz in den frühen Morgenstunden.
Sie durchsuchten dabei in einem vornehmlich von Tamilen bewohnten Stadtteil der Hauptstadt Colombo zahlreiche Häuser, wie ein ranghoher Polizeivertreter mitteilte. Weite Teile der Stadt seien stundenlang abgeriegelt gewesen. Die Festgenommenen würden derzeit überprüft.
In den vergangenen Wochen war die Gewalt zwischen Regierung und den tamilischen Rebellen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) erneut eskaliert. Allein in diesem Monat kamen bei Gewalttaten 83 Menschen ums Leben. Internationale Beobachter fürchten, dass in dem südasiatischen Land erneut ein Bürgerkrieg ausbrechen könnte.
Die LTTE kämpft seit 1972 für einen unabhängigen Tamilenstaat im Nordwesten Sri Lankas. In dem Konflikt wurden mehr als 60 000 Menschen getötet. Die Friedensgespräche stecken trotz eines im Jahr 2002 ausgehandelten Waffenstillstandes in der Sackgasse.
In Sri Lanka droht ein neuer Krieg
Warnung vor einem Zusammenbruch des Waffenstillstands. Norwegen kündigt neuen Vermittlungsversuch an
BOMBAY taz
In Sri Lanka wächst die Gewalt. Im Dezember forderten Anschläge, politische Morde und Überfälle 83 Tote. Am Donnerstag warnte deshalb die Überwachungskommission für den seit Februar 2002 gültigen Waffenstillstand vor einem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs, sollten Regierung und Tamilenrebellen nicht bald neue Verhandlungen aufnehmen: "Wenn der Trend zur Gewalt weitergeht, könnte der Krieg nicht mehr fern sein," sagte der norwegische Kommissionschef Hagrup Haukland.
Noch gibt es Hoffnung. So kündigte Norwegens Entwicklungshilfeminister Erik Solheim, der 2002 den Waffenstillstand ausgehandelt hatte, eine Reise nach Sri Lanka für Ende Januar an, um den festgefahrenen Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Und gestern trafen sich fünf Bischöfe aus verschiedenen Regionen Sri Lankas mit dem politischen Sprecher der Rebellenorganisation LTTE, S. P. Thamilchelvan. Schon früher hatten die Bischöfe Bedingungen für Friedensgespräche sondiert.
Die Gewalt zwischen Tamilenrebellen und Armee eskaliert seit den Parlamentswahlen im November. Am letzten Dienstag starben zwölf Soldaten durch eine Landmine. Am Wochenende zuvor wurde der 71-jährige tamilische Parlamentsabgeordnete Joseph Pararajasingham in der Hafenstadt Baticaloa von Unbekannten erschossen. Am 23. Dezember fuhr ein Militärbus im Nordwesten auf eine Mine und wurde anschließend mit Granaten beschossen. 13 Soldaten starben. Einen Tag später gab es ein offenes Feuergefecht zwischen LTTE-Kämpfern und Regierungssoldaten, das erste seit Beginn des Waffenstillstands.
Eine Woche zuvor war ein Armeehubschrauber über dem von der LTTE kontrollierten Norden und Nordosten abgeschossen worden. Kommissionschef Haukland warf den Rebellen einen "groben Verstoß" gegen den Waffenstillstand vor.
Am 17. November war der "Hardliner" Mahinda Rajapakse mit knapper Mehrheit zum Präsidenten gewählt worden, der weit reichende Exekutivgewalt besitzt. Rajapakse koaliert mit den kleineren Parteien JVP und JHU, die kompromisslos die singhalesische Mehrheit vertreten. Sie begrenzen seinen Verhandlungsspielraum, weil sie eine föderalistische Lösung ablehnen, die den Tamilen einen eigenen Bundesstaat im Norden und Nordosten zubilligen würde. Rajapakse präsentiert sich denn auch als "Unitarist", der die politische Einheit des Landes ganz im Sinne radikaler Singhalesen nicht antasten will. Die LTTE dagegen fordert die "Selbstbestimmung" von Sri Lankas Tamilen in einem eigenen Staat.
Während der vergangenen Woche der Gewalt verzeichnete die Börse in Colombo heftige Kursverluste. Für den heutigen Silvesterabend ruft die Nationale Antikriegsfront NAWF verschiedener Nichtregierungsorganisationen zu einer Mahnwache in Colombo auf. Ihre Forderung: Beide Seiten müssten die Verletzungen des Waffenstillstands einstellen und unverzüglich an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Der 20 Jahre währende Bürgerkrieg forderte rund 69.000 Tote.
Norwegen verstärkt Friedensbemühungen
Colombo. SDA/Reuters/baz.
Aus Sorge vor einem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs in Sri Lanka wird Norwegen im Januar einen Friedensvermittler in den asiatischen Inselstaat schicken. Er soll zwischen der Regierung und den Tamilen-Rebellen vermitteln.
Erik Solheim werde voraussichtlich am 23. Januar in das Land reisen, berichteten Diplomaten am Freitag. Die Spannungen zwischen der Regierung und der tamilischen Rebellenorganisation LTTE hatten zuletzt wieder zugenommen, nachdem bei Angriffen mutmasslicher Rebellen allein im Dezember 39 Soldaten getötet wurden.
Eine Lösung des Konfliktes scheint derzeit nicht in Sicht: Der neu gewählte Präsident Mahinda Rajapakse lehnt die Forderung der Tamilen nach einem eigenen Heimatland im Norden und Osten ab. Die Rebellen wiederum haben angekündigt, ihren bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen, sollte ihr Anliegen nicht umgesetzt werden.
Neu organisiert
In Sri Lanka war 2002 eine Waffenruhe ausgerufen worden. Sie beendete einen zwei Jahrzehnte dauernden Bürgerkrieg, in dem mehr als 64'000 Menschen starben. Beobachtern zufolge nutzten die Rebellen die Zeit, um sich neu zu organisieren.
Die Regierung hatte es bisher vermieden, auf die Angriffe der LTTE mit Vergeltungsschlägen zu reagieren und hofft stattdessen, dass die Europäische Union (EU) mit ihrer Drohung wahrmacht und die Rebellen als terroristische Organisation einstuft. Die EU zählt zusammen mit Norwegen und Japan zu den Geberländern Sri Lankas.
Schweizer Friedensengagement in Sri Lanka
swissinfo 27. Dezember 2005 09:59
Sri Lanka ist seit über 20 Jahren geprägt von einem ethnischen Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen. Die Schweiz engagiert sich für Frieden in dem Land.
Zwar hat Bern im Friedensprozess keine offizielle Rolle, doch hinter den Kulissen wird an der Friedens-Förderung mitgewirkt. Schlüsselfigur ist der ehemalige Journalist Martin Stürzinger.
"Advisor for Peacebuilding" steht auf der Visitenkarte von Martin Stürzinger. Er wohnt und arbeitet in Colombo und damit im wirtschaftlichen und politischen Zentrum von Sri Lanka.
Nicht mehr los gelassen
Seit Stürzinger im Jahr 1983 erstmals als Tourist die Insel bereiste, lässt sie ihn nicht mehr los. Nebst etlichen Artikeln hat er auch ein Buch über Sri Lanka geschrieben ("Tee, Tempel, Turmaline, Land der lauten und der leisen Töne"). Zudem war er Länderexperte für Sri Lanka bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH).
Seit Juni 2003 ist Stürzinger offiziell "Berater für zivile Friedensförderung" an der Schweizer Botschaft in Colombo. Das Aussenministerium, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), setzt diese Art von Spezialisten in ganz wenigen Konfliktregionen der Erde ein, darunter im Nahen Osten, in Mazedonien und Guatemala.
Konflikte im Vielvölkerstaat
Stürzinger engagiert sich in einem Staat, dessen komplexe Bevölkerungsstruktur für den Konflikt mitverantwortlich ist. 74% der rund 19 Millionen Einwohner sind buddhistische Singhalesen, die vor allem im Südwesten der Insel leben. Daneben gibt es 18,6% Tamilen, hauptsächlich Hindus, die im Norden und Osten leben. Muslime machen weitere 7% der Bevölkerung aus.
Als die Insel 1948 die Unabhängigkeit erlangte, gelang es der damaligen Regierung nicht, das fragile Gebilde des Vielvölkerstaats im Gleichgewicht zu halten. Die Beziehungen zu den Sri Lanka-Tamilen verschlechterten sich dauerhaft, als 1956 Singhalesisch als einzige offizielle Sprache in der Verfassung verankert wurde.
1972 gründete der damals 18-jährige Velupillai Prabhakaran die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE). Die Befreiungstiger forderten die Errichtung eines unabhängigen tamilischen Staates im Norden und Osten des Landes.
Tamilen-Diaspora in der Schweiz
1983 brach der Bürgerkrieg aus, nachdem ein Anschlag der LTTE zu einem Pogrom an der tamilischen Bevölkerung im Süden geführt hatte.
Seither sind der Gewalt etwa 65'000 Menschen zum Opfer gefallen, rund 1,5 Millionen wurden vertrieben oder flüchteten. Sowohl die Regierungsarmee wie die LTTE haben schwere Menschenrechtsverletzungen begangen.
Die Folgen des Konflikts werden auch in der Schweiz deutlich. Rund 35'000 Tamilen flüchteten hierher. "Dies erklärt auch, warum die Schweiz ein Interesse an der Konfliktlösung hat", sagt Stürzinger gegenüber swissinfo.
Ein Interesse hat die Schweiz, aber keine offizielle Rolle. Denn diese kommt Norwegen zu. Das 2002 in Kraft getretene Waffenstillstands-Abkommen zwischen der Regierung und der LTTE kam mit norwegischer Hilfe als "facilitator" (Mediator) zu Stande.
Wirken im Hintergrund
Die Schweiz wirkt im Hintergrund. So finanziert sie die Arbeit des Berghof-Zentrums für Konfliktforschung. Dieses berät srilankische Entscheidungsträger, wie sie Konflikte friedlich lösen können.
Tätig ist die Schweiz auch in Bezug auf die Menschenrechte. Die Projekte reichen von der Einhaltung der Anti-Folter-Konvention bis zum Unterhalt einer Bibliothek für Menschenrechte in Zusammenarbeit mit einer lokalen Nichtregierungs-Organisation (NGO). Insgesamt 1,45 Millionen Franken lässt sich der Bund sein politisches Engagement in Sri Lanka im Jahr kosten.
Besonderes Gewicht legt Stürzinger auf den Föderalismus und den Minderheitenschutz, sozusagen eine Kernkompetenz der Schweiz. Regelmässig reisen Politiker aus Sri Lanka in die Schweiz, um sich vor Ort über föderalistische Strukturen zu informieren. Oder Fachleute aus der Schweiz informieren in Sri Lanka zum Föderalismus.
"Wenn es eine politische Lösung für dieses Land gibt, dann liegt sie im Föderalismus", sagt Stürzinger.
Nicht zu pessimistisch
Und die aktuelle Situation? Nach dem Tsunami vom 26.Dezember 2004 keimte Hoffnung auf, die Naturkatastrophe könnte helfen, Gräben zu überwinden, und die verfeindeten Bevölkerungsgruppen zusammen zu schweissen. Inzwischen hat Ernüchterung dieser Hoffnung Platz gemacht. Sogar von einer Wiederaufnahme der Kämpfe und einem Ende des Waffenstillstands ist die Rede.
Auch die Wahl im November von Mahinda Rajapakse zum neuen Präsidenten Sri Lankas und die Rede von Prabhakaran zum "Helden-Tag" der Tigers (27.November) nährte Ängste auf ein Aufflammen des Bürgerkriegs. Stürzinger ist nicht so pessimistisch: "Der Waffenstillstand hat bisher gehalten. Nun muss alles daran gesetzt werden, dass die Regierung und die LTTE das Abkommen strikte einhalten und möglichst bald wieder Gespräche aufnehmen."